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Die finnischen Streitkräfte haben die Genehmigung erhalten, das Flugabwehrsystem mit großer Reichweite „David’s Sling“ vom israelischen Rüstungsunternehmen Rafael Advanced Defense Systems Ltd. zu beschaffen, wie es in einer Pressemitteilung des finnischen Verteidigungsministeriums heißt.

Aus der Pressemitteilung geht die Anzahl der zu beschaffenden Systeme nicht hervor, der Gesamtwert des Auftrags wird jedoch mit rund 316 Millionen Euro angegeben. Dieser Wert setzt sich zusammen aus dem Hauptauftragswert von etwa 213 Millionen Euro  sowie einer Reihe von ausgeübten Optionen im Wert von 103 Millionen Euro. Der Vertrag umfasst auch zusätzliche Optionen im Wert von weiteren zirka 216 Millionen Euro.

Da das System David’s Sling in Zusammenarbeit von Rafael Advanced Defense Systems und dem US-Verteidigungsunternehmen Raytheon entwickelt wurde, ist für den Verkauf an Finnland die Zustimmung der US-Regierung erforderlich. Angesichts der kürzlich erfolgten Aufnahme Finnlands in die NATO dürfte dies jedoch kein Hindernis darstellen.

Schließlich wird der Vertrag eine gesonderte Vereinbarung zwischen den Verteidigungsministerien Finnlands und Israels enthalten, um die Versorgungssicherheit und die ständige Verfügbarkeit kritischer Komponenten des Systems zu gewährleisten. Die genaue Art dieses Abkommens wurde nicht bekanntgegeben.

David’s Sling ist ein integriertes Luftverteidigungssystem, das ein möglichst breites Spektrum von Luftzielen abfangen soll, darunter Drohnen, Flugzeuge und Raketen sowie Marschflugkörper und ballistische Raketen. Das System besteht aus einem AESA-3D-Radar (Active Electronically Scanned Array), mehreren Launchern mit jeweils zwölf  „Stunner“-Abfangraketen und einem Battle Management Center (BMC). Das System ist so konzipiert, dass es in bestehende Luftverteidigungssysteme integriert werden und die Daten externer Sensoren zur Zielerfassung und -steuerung nutzen kann.

Bei der Stunner-Rakete handelt es sich um eine zweistufige Hochgeschwindigkeitswaffe, die eine Kombination aus Datenlink-Lenkung und Zielsuchsystem verwendet. Beim Start beschleunigt die Booster-Stufe den Flugkörper schnell und bringt ihn auf eine große Höhe. Danach startet der gepulste Raketenmotor der zweiten Stufe, während der Flugkörpers über einen Datenlink zu einem voraussichtlichen Abfangpunkt geleitet, wo der eigene Dual-Band-Sucher (optische Focal-Plane-Array-Anordnung und abbildendes Infrarot) das Ziel erfasst und die Waffe ins Ziel lenkt. Anstelle eines explosiven Gefechtskopfes mit Annäherungszünder verwendet der Flugkörper einen kinetischen Gefechtskopf mit Hit-to-Kill-Effekt. Dieser stützt sich auf die Präzision der Zielführung und die Manövrierfähigkeit des Flugkörpers, um einen direkten Aufprall auf das Ziel zu gewährleisten, das durch kinetische Energie zerstört wird. Die genaue maximale Reichweite der Waffe ist noch nicht bestätigt, wird aber auf 250 bis 300 km geschätzt.

Die Datenverbindung zwischen dem Flugkörper und dem BCM ermöglicht die Neuausrichtung des Flugkörpers während des Fluges und erhöht die Resistenz gegen feindliche elektronische Gegenmaßnahmen.  Das System hat eine kurze Reaktionszeit und ist in der Lage, mehrere Ziele gleichzeitig zu bekämpfen. Gleichzeitig ist der Stunner-Flugkörper so konzipiert, dass er relativ erschwinglich ist, was die Gesamtwirtschaftlichkeit des Systems gegen Sättigungsangriffe erhöht.

Auch die finnische Industrie wird von der Beschaffung profitieren, da sie gemeinsam mit Rafael und Raytheon an der Integration des Systems David’s Sling in das bestehende finnische Luftverteidigungsnetz beteiligt sein wird.

Thomas Lauge Nielsen