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Die Bundeswehr hat am Sonntag mit der Evakuierung der im Sudan festsitzenden deutschen Bürgerinnen und Bürger begonnen. Dazu wurden ein Verband – bestehend aus Soldatinnen und Soldaten unterschiedlicher Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche – in Jordanien vorstationiert, von wo aus die militärische Evakuierungsoperation durchgeführt wird. Die Bundeswehr betreibt in Jordanien im Zuge des Einsatzes der Anti-IS-Koalition seit Jahren einen Luftstützpunkt.

Bis Montagmorgen gelang es auf diese Weise, drei A400M-Maschinen der Luftwaffe auf ein Flugfeld in der Nähe der sudanesischen Hauptstadt Khartum zu bringen und von dort aus 311 Personen nach Jordanien zu evakuieren, von wo aus eine Weiterreise nach Deutschland bzw. für Bürger befreundeter Nationen in ihre jeweiligen Länder organisiert wird.

Ähnlich wie in Kabul 2021 erfolgt auch die aktuelle deutsche Evakuierungsoperation zeitgleich zu Operationen anderer Länder. Neben Deutschland haben weitere Nationen die derzeit brüchige aber noch haltende Feuerpause der beiden verfeindeten sudanesischen Fraktionen, der sudanesischen Streitkräfte (SAF) und der Rapid Support Forces (RSF), dazu genutzt, um diplomatisches Personal sowie Bürgerinnen und Bürger aus dem ostafrikanischen Land zu evakuieren.

Es zeichnet sich ab, dass genau dieser Umstand eine der Hauptherausforderungen der laufenden Evakuierungsmission ist. Einerseits ist es unklar, wie lange die Feuerpause zwischen SAF und RSF halten wird – beide Parteien haben Fähigkeiten, Flugzeuge am Boden und in der Luft zu bedrohen. Andererseits versuchen viele Nationen gleichzeitig, die eigenen Staatsbürger über den nördlich von Khartum gelegenen Militärflughafen Wadi Sayyidna zu evakuieren, nachdem der zivile Flughafen in Khartum aufgrund der Kämpfe der Vortage nicht mehr nutzbar ist. In dieser Konstellation können die einzelnen Nationen nicht beliebig über die zur Verfügung stehenden Start- und Landeslots verfügen, sondern sind auf die Sicherheitsgarantien der Betreiber (SAF) und eine internationale Abstimmung angewiesen.

Bereits am Freitag hatte die Europäische Union, Planungen zu einer möglichen Evakuierung von EU-Bürgern aus Khartum bekanntgegeben. „Wir versuchen, eine Operation zu koordinieren, um unsere Zivilisten aus der Stadt herauszuholen, die sich jetzt in einer Hochrisikosituation befindet. Wir arbeiten an verschiedenen Möglichkeiten, Menschen herauszubringen“, sagte ein EU-Offizieller.

Die französische Zeitung Le Monde vermeldete am Sonntagmittag bevorstehende französische und italienische Bemühungen. Darüber hinaus hat Jordanien eine Evakuierungsoperation angekündigt. Auch die Türkei sieht Maßnahmen vor.

Die Mitgliedsstaaten der EU haben sich in den vergangenen Tagen in Position gebracht. Der sicherheitspolitische Brüsseler Blog B2 fasste die Vorkehrungen für eine mögliche Evakuierungsoperation von EU-Bürgern im Sudan zusammen. Danach werden Djibouti und Jordanien zu Drehkreuzen einer Luftbrücke. EU-Mitgliedsstaaten begannen Lufttransportmittel und Spezialkräfte zu dislozieren. Eine Koordinierungszelle wurde in Djibouti eingerichtet.

B2 zufolge hat Frankreich mindestens zwei A400M-Transportflugzeuge und eine C130-in Dschibuti stationiert, Spanien eine A330 MRTT und drei A400M (zwei weitere sollen folgen), Schweden wird ein Flugzeug sowie Italien ein Flugzeug und Elemente einer Luftlandebrigade bereitstellen.

Deutschland und die Niederlande stützen sich auf Jordanien ab. Ebenso Norwegen, das eine C-130 in Amman positioniert haben soll. Den Haag entsendete bereits eine A-330, eine C-130, Marine-Infanterie sowie eine Sanitätseinheit nach Akaba.

Unter Berufung auf japanische Fernsehmeldungen führt B2 weiter aus, dass je ein Transportflugzeug vom Typ C-130 und Kawasaki C2 sowie ein KC767-Tanker und KC767-Transportflugzeug der japanischen Luftselbstverteidigungsstreitkräfte auf dem Weg nach Dschibuti seien. Laut B2 entsandte Seoul eine C-130J mit etwa fünfzig Soldaten an Bord an, darunter medizinisches und Sicherheitspersonal.

Die Entfernungen betragen: Djibouti-Khartum 1.230 Kilometer, Akaba-Khartum 1.575 Kilometer, Amman-Khartum 1.860 Kilometer.

In der Nähe sind Spanien und Italien mit Seestreitkräften im Rahmen der Operation „Atalanta“ vertreten – Madrid mit dem Flaggschiff, der Fregatte „Reina Sofia“ und einem Seefernaufklärer (Casa CN-235), Rom mit der Fregatte „Carlo Bergamini“.

Die USA haben, wie Soldat&Technik berichtete, am Samstag mit drei CH-47 Chinook-Hubschraubern eine erste Evakuierungsaktion durchgeführt.

Saudi-Arabien evakuierte am 22. April 91 saudische Bürger und 66 andere Staatsangehörige. Sie wurden in einem von sudanischen Militärs begleiteten Auto-Konvoi von Khartum nach Port Sudan transportiert und von dort mit Marineeinheiten nach Jeddah verbracht. Über die Anzahl gibt es unterschiedliche Angaben. Auf Twitter werden von Alekhbariya News vier Schiffe angeführt. In einem Videospot lässt sich die Korvette „Al Jubail“ ausmachen. Riad ließ die Begrüßung der Evakuierten zur Betonung seiner besonderen Leistung inszenieren – Blumen und Fähnchen wurden verteilt.

Ein niederländisches Unternehmen, Proximities, konnte am Samstag 22 Mitarbeiter außer Landes bringen.

Sieben EU-Länder unterhalten Botschaften in Khartum: Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Polen, Schweden und Spanien. Daneben gibt es eine EU-Vertretung. Die Gesamtzahl der im Sudan lebenden Angehörigen aus EU-Ländern wird in Medien mit rund 1.500 angegeben, darunter 250 Franzosen und jeweils 150 Deutsche, Griechen und Italiener (Zahlenangaben von unterschiedlichen Medien unter Berufung auf diplomatische Quellen). Demgegenüber sollen sich 19.000 US-Staatsbürger und 600 Türken in dem afrikanischen Land aufhalten.

Waldemar Geiger und Hans Uwe Mergener