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Mithilfe eines dreigliedrigen Aktionsplanes im Rahmen der Umsetzung der Kriegswirtschaft wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine soll die Herstellung von großkalibriger Munition in Frankreich erhöht und beschleunigt werden. Das gab Verteidigungsminister Sébastien Lecornu nach einer Arbeitssitzung am 22. Februar im Hôtel de Brienne, seiner offiziellen Residenz, bekannt. Dazu seien folgende Schritte vorgesehen: 1. Standortwechsel bei Vorratshaltung und Produktionsorten, 2. Beschleunigung der Herstellungstaktung und 3. Erhöhung der Produktion auf europäischer Ebene.

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Die französische Flugabwehrfregatte „Forbin“ feuert bei einem Manöver eine Rakete vom Typ „Aster 30“ auf ein Überschallziel ab. (Foto: Public Domain Mark 1.0)

Zum Thema „Standortwechsel“ informierte der Minister die Öffentlichkeit, dass die Eurenco-Gruppe – nach eigenen Angaben europäischer Marktführer für militärische Explosivstoffe, Antriebe und Brennstoffe – Pulverproduktionskapazität für Artilleriemunition ins südwestfranzösische Bergerac in der Dordogne verlegen werde. Bisher stammte das Treibladungspulver für die 155-mm-Munition entweder aus der schwedischen Niederlassung von Eurenco oder von Lieferanten aus Deutschland und Italien. Der Hersteller will dafür 60 Millionen Euro investieren, davon 50 Millionen Euro in Eigenfinanzierung. Bis zum 1. Quartal 2025 sollen so 1.200 Tonnen Pulver pro Jahr produziert werden, aus denen sich 500.000 modulare Treibladungen ergeben, was 95.000 Schuss entspricht. Lecornu bezeichnete diese Unternehmensentscheidung für mehr nationale Autarkie als „historisch“.

Zum Thema „Beschleunigung“ wurden drei Ziele bei der Munitionsherstellung definiert: 1. vorrangige Belieferung der Ukraine sowie Verbündeter im Kampf gegen den Terrorismus, 2. die eigenen Vorräte wieder aufstocken und 3. größere Exportmarktanteile erringen. Im Namen des Staatspräsidenten wurden zwei Vorhaben vergeben: Erstens wurde Ingénieur Général de Classe exceptionnelle (entspricht Vier-Sterne-General) Monique Legrand-Larroche, Generalinspekteurin der Streitkräfte, damit beauftragt, alles, was mit der Produktion und Instandhaltung der Selbstfahr-Haubitze Caesar im Kaliber 155 mm zu tun hat, zu prüfen und gegebenenfalls zu optimieren. Zweitens soll Laurent Collet-Billon, ehemaliger Generaldirektor für Bewaffnung und Ausrüstung, Lösungsvorschläge für die Steigerung der Herstellungstaktung insbesondere der leichten Flugabwehrrakete Mistral von MBDA France und der 155-mm-Granaten ausarbeiten. „Wir“, so der Minister, „produzierten 20 MISTRAL pro Monat in 2022. In 2023 ist diese Zahl auf 30 übergegangen und wird in 2024 auf 40 steigen.“

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Die Selbstfahr-Haubitze CEASAR (Camion équipé d’un système d’artillerie) im Kaliber 155 mm. (Foto: Portugall)

Zum Thema „Steigerung“ verwies Lecornu auf den Umstand, dass die Herstellung der europäischen Flugabwehrrakete „Aster“ aktuell 40 Monate dauere. Diese Frist solle auf 18 Monate reduziert werden. „Uns“, so der Minister, „ist es gelungen, diese Herausforderung mit Caesar zu bestehen, uns wird dies auch hier gelingen.“ Zum Abschluss seiner Pressekonferenz appellierte er an den „finanziellen Patriotismus“ der französischen Banken, um in die wehrtechnische Industrie zugunsten der „Sicherheit, Souveränität und strategischen Autonomie“ des Landes zu investieren.

Gerd Portugall