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Verteidigungsminister Boris Pistorius ist der Auffassung, dass Deutschland mindestens zwei Prozent seines Bruttoinlandsproduktes (BIP) für die Bundeswehr ausgeben sollte. Für das Haushaltsjahr 2024 würde die Umsetzung dieser Forderung einen Wehretat von 84 Milliarden Euro bedeuten. Vor dem Beginn des heutigen Treffens der NATO-Verteidigungsminister sagte Pistorius: „Ich glaube, sich allein dem Zwei-Prozent-Ziel annähern zu wollen wird nicht reichen.“ Dies könne lediglich die Basis sein für alles Weitere, so der Verteidigungsminister.

Mit dieser Aussage schließt sich Pistorius den Forderungen des Generalsekretärs der NATO, Jens Stoltenberg, an, der bereits seit längerem dafür wirbt, dass die Mitgliedsstaaten das Zwei-Prozent-Ziel nicht als maximale Erfüllung ihrer NATO-Verpflichtung ansehen, sondern als Minimum. Im Jahr 2014, auf dem NATO-Gipfel in Wales, hatten sich die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben. Bisher erfüllen nur wenige Staaten dieses Ziel, Deutschland befindet sich nicht darunter.

Im Haushaltsjahr 2023 stehen dem Verteidigungsministerium (BMVg) zirka 50 Milliarden Euro zur Verfügung, bei einem Bundeshaushalt von knapp 476 Milliarden Euro. Damit nimmt der Verteidigungshaushalt etwa 10,5 Prozent der Bundesmittel in Anspruch. Zusätzlich verfügt das BMVg über das Sondervermögen der Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro, dessen tatsächliche Kaufkraft jedoch immer weiter schwindet (ES&T berichtete).

Die Mittel des Sondervermögens sollen im Laufe der kommenden Jahre insbesondere für die Beschaffung von Großprojekten genutzt werden, da der normale Haushalt keine ausreichenden finanziellen Mittel beinhaltet, um die angemeldeten Bedarfe der Bundeswehr zu decken. Von den 50 Milliarden Euro des Verteidigungshaushalts stehen lediglich 7,7 Milliarden Euro für militärische Beschaffungen, also den Kauf neuen Materials zur Verfügung. Der Großteil des Einzelplans 14, wie der Verteidigungshaushalt auch genannt wird, wird benötigt, um die laufenden Kosten von Personal, Material und Infrastruktur decken zu können. Mit den geplanten Personalerhöhungen sowie den neu anzuschaffenden Waffensystemen werden diese Posten zudem weiter steigen, was eine Erhöhung des Einzelplan 14 zur Folge haben muss, insofern die Bundeswehr tatsächlich wieder voll einsatzbereit werden soll.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass sich Pistorius für eine Steigerung des Wehretats einsetzt. Der Spiegel hatte vergangene Woche berichtet, dass er eine Erhöhung des Einzelplan 14 um zehn Milliarden Euro für den Haushalt 2024 fordert. Damit würde der Wehretat für 2024 zirka 60 Milliarden Euro umfassen. Wie viele Mittel aus dem Sondervermögen dann noch hinzukommen würden, hängt davon ab, wie schnell die Beschaffungsbehörde die notwendigen Verträge mit der Industrie schließen kann.

Laut Bundesfinanzministerium liegt das vorausgesagte deutsche BIP für das Jahr 2024 bei einem nominalen Wert von zirka 4,2 Billionen Euro. Würde die Bundesregierung bereits im Jahr 2024 das Zwei-Prozent-Ziel der NATO erfüllen wollen, müssten die gesamten Verteidigungsausgaben dementsprechend einen Umfang von 84 Milliarden Euro haben. Eine Summe, die laut Pistorius die Basis zur Finanzierung der Bundeswehr sein müsste.

Dass der Einzelplan 14 bereits im Jahr 2024 diesen Wert erreicht, ist nicht sehr wahrscheinlich. Zum einen wird Pistorius laut dem Spiegel keine zusätzlichen zehn Milliarden von Finanzminister Christian Lindner zugesprochen bekommen. Zum anderen wäre das Beschaffungsamt der Bundeswehr (BAAINBw) kapazitiv wahrscheinlich nicht in der Lage, diese Summen in Verträge mit der Industrie umzusetzen. Hier bestehen bereits Probleme die gegenwärtig zur Verfügung stehenden Mittel zügig auszugeben.

Dennoch macht die Zahl 84 Milliarden Euro beispielhaft deutlich, um welche Summen es geht, wenn von der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels der NATO gesprochen wird.

Redaktion / oh