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Das „Ministère des Armées“ in Paris verweist auf die „Baustelle ‚Kriegsökonomie‘“ im eigenen Land als Folge und Lehre aus dem Ukraine-Konflikt. In diesem Zusammenhang nannte Generalingenieur zweiter Klasse (entspricht einem Brigadegeneral) Alexandre Lahousse, Leiter für industrielle Angelegenheiten und ökonomische Aufklärung im Beschaffungsamt DGA, bei der Pressekonferenz des Verteidigungsministeriums in der vergangenen Woche die „Revue nationale stratégique 2022“, die Staatspräsident Emmanuel Macron im vergangenen November vorgestellt hatte. Danach müsse sich die wehrtechnische Industrie in Frankreich so organisieren, dass sie in der Lage sei, „notfalls eine lang andauernde Kriegsanstrengung der eigenen Streitkräfte oder zugunsten eines Partners zu unterstützen“.

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Die wehrtechnische Industrie in Frankreich wird auf Kriegswirtschaft umgestellt. (Foto: Portugall)

Die Produktionskapazitäten von Waffensystemen und Munition sowie die Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit müssten weiterentwickelt werden, um im Bedarfsfall bei einem eventuellen Engagement in einem größeren Konflikt darauf zurückgreifen zu können. Um die verschiedenen Handlungsstränge zusammenzufassen, hat die DGA zusammen mit anderen Abteilungen des Ministeriums und mit Industrieunternehmen fünf ökonomische Prioritäten definiert:

Wahrnehmbarkeit im Sinne von Planbarkeit für die Hersteller,
Vereinfachung der Produktion,
Sicherung der Lieferketten,
Personalgewinnung für die wehrtechnische Industrie,
privatwirtschaftliche Finanzierung ermöglichen.

„Ziel ist“, so Lahousse, „dass die Industrie langfristig in ihre Produktionskapazitäten investieren kann.“ Der künftige Finanzplan für militärische Beschaffung, der sich auf die Jahre 2024 bis 2030 erstreckt, biete der wehrtechnischen Industrie Berechenbarkeit für sieben Jahre. Diese Planungssicherheit müsse innerhalb der Industrie aufgeteilt werden und sich auch auf die Produktionsketten der zuliefernden kleinen und mittelständischen Unternehmen auswirken, um gemeinsam leistungsfähiger zu werden, betonte der Generalingenieur.

In Bezug auf die geforderte Vereinfachung erklärte Alexandre Lahousse: „Was einfach ist, lässt sich besser herstellen.“ Ein weiteres Ziel sei deshalb, „das Forderungsniveau um 20 Prozent zu reduzieren, um die Arbeit der Industrie zu vereinfachen“. Selbstverständlich vorausgesetzt sei dabei „eine Risikoaufteilung zwischen Staat und Industrie“.

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Generalingenieur Alexandre Lahousse bei seiner Pressekonferenz am 9. Februar (Foto: Ministère des Armées, Christian Hamilcaro)

Die Verzögerungen bei der Beschaffung und bei den Zuliefererketten machten mehr als die Hälfte aller weltweiten Produktionsverzögerungen aus. Dies wirke sich auch auf die 4.000 Unternehmen der wehrtechnischen Industrie in Frankreich aus, die in Teilen nicht in der Lage sei, ihre Produktion zu steigern. Auch würden einige Schalthebel bewegt, um Abhängigkeiten vom Ausland zu begrenzen.

Die Attraktivität der wehrtechnischen Industrie sei essenziell, um „Personal an die Maschinen zu bringen“, so Lahousse. Beispielsweise würden Schweißer und Schlosser händeringend gesucht. Deshalb werde man in einen Dialog mit den Unternehmen, den Berufsschulen und dem Bildungsministerium eintreten, um die junge Generation und fehlende Facharbeiter anzusprechen.

„Es ist essenziell für uns“, so der Generalingenieur, „den Zugang zu privater Finanzierung für die Unternehmen der wehrtechnischen Industrie zu gewährleisten.“ Deshalb arbeite das Verteidigungsministerium seit einem Jahr daran, ein Netzwerk von Ansprechpartnern im Bankensystem einzurichten. Daneben würden mehrere Initiativen gestartet, um entsprechende Investitionen zu begünstigen – auch auf europäischer Ebene.

Gerd Portugall