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Die Kaufkraft des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr, das über Schulden finanziert wird, schrumpft von Woche zu Woche. Da die Zinsen für die aufgenommenen Kredite des Sondervermögens von diesem selbst getragen werden müssen, führen steigende Zinsen oder längere Laufzeiten überdies zu wachsenden Zinslasten. Offenbar rechnet das Finanzministerium nun mit deutlich höheren Aufwendungen für die Zinsen und hat deshalb den Ansatz dafür massiv angehoben. Gegenwärtig können die Beschaffer der Bundeswehr nach Abzug der Zinsen nur noch auf etwa 87 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen zurückgreifen, wie ein Beschaffungsexperte des Bundesverteidigungsministeriums heute beim DWT-Symposium „Perspektiven der Verteidigungswirtschaft 2023“ in Bonn erläuterte.

Demnach würden rund 13 Milliarden Euro für Zinszahlungen fällig. Im vergangenen Jahr war noch von etwa 92 Milliarden Euro verfügbarer Mittel nach Zinsaufwendungen die Rede, deswegen mussten sechs Projekte aus dem Sondervermögen herausgenommen werden. Mit anderen Worten: Um die zusätzlichen Zinslasten zu stemmen, müssen weitere Projekte im Volumen von rund fünf Milliarden Euro aus dem Sondervermögen gestrichen werden. Hier wird spannend, wo das BMVg das Messer ansetzen wird. Bei der letzten Kürzungsrunde Ende vergangenen Jahres war vor allem die Marine betroffen.

Dazu kommt, dass die reale Kaufkraft des Sondervermögens aufgrund der galoppierenden Inflation kontinuierlich sinkt. Und das vermutlich mit einer höheren Rate als die Konsumgüterinflation, da Industrie- und Rüstungsgüter international im Augenblick besonders stark nachgefragt werden. Überdies müssen mit jedem Jahr, in dem das Sondervermögen länger läuft, Zinszahlungen daraus getätigt werden. Und mit der Beschaffung des Kampfflugzeugs F-35 und dem Main Ground Combat System sind darin langlaufende Projekte enthalten. Insider gehen deshalb davon aus, dass am Ende die real verfügbare Summe für die Beschaffung bei 60 bis 70 Milliarden Euro liegen könnte, in der Summe sind dann wahrscheinlich noch die 19 Prozent Mehrwertsteuer enthalten.

Finanziert werden die Schulden für den Beschaffungstopf klassisch durch die Ausgabe von Staatsanleihen. Das Sondervermögen „Bundeswehr“ wird entsprechend seinem Finanzierungsbedarf proportional an allen Emissionen konventioneller Bundeswertpapiere beteiligt und trägt den entsprechenden Anteil der Zinsausgaben, wie eine Sprecherin des BMVg auf Nachfrage erläuterte. Die Berechnung der veranschlagten Zinsausgaben des Sondervermögens „Bundeswehr“ folge methodisch der Veranschlagung der Zinsausgaben im Bundeshaushalt und werde auf monatlicher Basis überwacht.

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„Die Zinsausgaben stehen in Abhängigkeit zu bereits bestehenden finanziellen Verpflichtungen, der Planungen über das Eingehen zukünftiger finanzieller Verpflichtungen und der Marktentwicklung der Kosten der Kreditaufnahme des Bundes“, heißt es etwas kryptisch in der Antwort der Sprecherin.

Wie bei der (Re)finanzierung für den Bund und anderer bereits bestehender Sondervermögen auch, erfolge die Aufnahme von liquiden Mitteln in dem Jahr, in dem entsprechende Mittelabflüsse vorgesehen seien.

Nach vollständiger und kassenwirksamer Ausschöpfung des grundgesetzlich statuierten Kreditrahmens können keine weiteren Zahlungen zu Lasten des Sondervermögens „Bundeswehr“ erfolgen. Die Schulden des Sondervermögens werden sodann in die sogenannte Bundesschuld integriert und Zinskosten bis zur Rückführung der Kredite vom Bundeshaushalt getragen.

Lars Hoffmann