Print Friendly, PDF & Email

Die Auftragstaktik ist ein wirksames Mittel zur effektiven und flexiblen Durchführung von Aufträgen. Bei diesem – oft der Bundeswehr als Alleinstellungsmerkmal zugeordneten – Prinzip gibt die militärische Führung dem nachgeordneten Bereich das Auftragsziel vor und stellt die Ressourcen (Personal, Zeit, Material) bereit. Der Durchführende ist für die Auswahl der Mittel und das Erreichen des Ziels verantwortlich.

Wenn heute zum Beispiel ein Kampftruppenkommandeur in den Einsatz oder in eine Übung geht, muss er für die Logistik bei der Streitkräftebasis anfragen, für IT-Angelegenheiten beim Cyber- und Informationsraum und für die sanitätsdienstliche Unterstützung beim Sanitätsdienst Bundeswehr. Falls Industrieinstandsetzung vor Ort notwendig ist, kommt auch noch das BAAINBw mit Verträgen ins Spiel. Eine organische Unterstützung aus den nächsthöheren Kommandoebenen ist nicht mehr möglich.

Ähnlich ist es bei der Beschaffung: Sobald die Nutzer eine Fähigkeitslücke identifiziert haben, geht die Bedarfsmeldung in den ziemlich anonymen Planungsprozess. An der Erarbeitung der Funktionalen Fähigkeitsforderung ist der bedarfstragende Organisationsbereich nur untergeordnet beteiligt. Die Auswahl des Lösungsvorschlags obliegt dem Generalinspekteur. Bei der Realisierung des Vorhabens bis zu vertraglichen Regelungen ist das BAAINBw zuständig. Erst bei der integrierten Nachweisführung erhalten die zukünftigen Nutzer wieder eine Stimme. Die Materialverantwortung während der gesamten Nutzungsphase liegt beim BAAINBw.

Auch in der Industrie geht – insbesondere bei Land- und Seesystemen – die geteilte Verantwortung weiter. Bei Auftragserteilung ist die „gerechte“ Verteilung der Wertschöpfung im Land und auf verschiedene Firmen oftmals wichtiger als die fachgerechte Auswahl des besten Anbieters. In manchen projektbezogenen Konsortien sind Unternehmen zur Zusammenarbeit gezwungen, die außerhalb des Projekts Konkurrenten sind.

Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius hat die Devise ausgegeben, er wolle die Bundeswehr stärken. Ein guter Ansatz dazu ist, die zersplitterte Zuständigkeit in allen Teilbereichen zurückzuführen und eine durchgängige Verantwortung in den Organisationsbereichen wieder zu installieren. Das beginnt bei der kleinen Kampfgemeinschaft, die mit „ihrem“ Gefechtsfahrzeug Tag für Tag die Ausbildung bestreitet und am Ende combat ready in den Einsatz gehen kann. Es setzt sich fort mit den integrierten Unterstützungskräften auf allen Ebenen bis hin zur Materialverantwortung, die dem Inspekteur zugeordnet werden sollte.

Zu diesem Ansatz gehört auch eine durchgängige Verantwortung in der Beschaffung des Materials. Der Prozess muss durchgehend von einem Bevollmächtigten des bedarfstragenden Inspekteurs geführt werden. Damit können die Prioritäten richtig gesetzt und notwendige Kompromisse bedarfsgerecht gefunden werden.

Der Schlüssel zur Stärkung der Bundeswehr liegt also in der Umsetzung der Auftragstaktik auf allen Ebenen und übergreifend in allen Bereichen. Damit wird die Verantwortung des Einzelnen gestärkt, wodurch die Motivation und die Einsatzbereitschaft der Systeme aus Personal und Material ansteigen werden mit Blick auf die Kaltstartfähigkeit und die auch benötigte Durchhaltefähigkeit der Bundeswehr.

Gerhard Heiming