Das schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute) hat am 5. Dezember seine neuesten Zahlen zu den 100 größten Rüstungsunternehmen veröffentlicht. Danach haben diese Unternehmen im vergangenen Jahr weltweit Waffen und militärische Dienstleistungen im Wert von 592 Milliarden US-Dollar verkauft. Das entspricht in konstanten Preisen einem Anstieg um 1,9 Prozent im Vergleich zu 2020.
„Wir“, so Lucie Béraud-Sudreau, Direktorin des SIPRI-Programms für Militärausgaben und Waffenproduktion, „hätten sogar einen noch größeren Anstieg bei den Waffenverkäufen in 2021 ohne die anhaltenden Lieferkettenprobleme erwartet. (…) Einige Unternehmen wie Airbus und General Dynamics berichteten darüber hinaus über Arbeitskräftemangel.“ Lieferkettenprobleme und Arbeitskräftemangel sind direkte Folgen der Corona-Pandemie. Trotzdem sind im siebten Jahr in Folge die Waffenverkäufe gestiegen – vermutlich als Reaktion auf die russische Krimannexion und den Beginn des Ostukrainekrieges im Jahr 2014.
Beachtlich ist der Anstieg der Waffenverkäufe von europäischen Unternehmen von 2020 auf 2021, nämlich um 4,2 Prozent auf 123 Milliarden US-Dollar. Dieser Anstieg ist damit mehr als doppelt so hoch wie der globale Durchschnittswert von 1,9 Prozent (s.o.). In Europa führend ist auf Platz sechs im internationalen Vergleich BAE Systems aus Großbritannien mit 26 Milliarden US-Dollar in 2021. „Die meisten europäischen Unternehmen“, so der SIPRI-Forscher Lorenzo Scarazzato, „die sich auf militärische Luftfahrt spezialisiert haben, berichten über Verluste im vergangenen Jahr. Dafür scheinen die europäischen Schiffbauer weniger von den Pandemieauswirkungen betroffen worden zu sein, da sie in der Lage waren, ihre Verkäufe 2021 zu steigern.“
Führender deutscher Waffenproduzent ist auf Platz 31 mit 4,5 Milliarden US-Dollar in 2021 nach wie vor Rheinmetall, gefolgt von ThyssenKrupp auf Platz 55 mit 2,4 Milliarden US-Dollar, Hensoldt auf Platz 69 mit 1,6 Milliarden US-Dollar und schließlich Diehl auf Platz 99 mit 870 Millionen US-Dollar.
Nordamerika war 2021 die einzige Region weltweit, die mit – 0,8 Prozent einen inflationsbereinigten Rückgang bei den Waffenverkäufen im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen hatte. Zurückgeführt wird diese Entwicklung vor allen Dingen auf die damalige hohe Inflation in den Vereinigten Staaten. Trotzdem haben die 40 US-Unternehmen unter den Top 100 im vergangenen Jahr Waffen im Wert von 299 Milliarden US-Dollar verkauft. Außerdem kommen die Top 5 alle aus den USA: Lockheed Martin auf eins, gefolgt von Raytheon, Boeing, Northrop Grumman und General Dynamics.
Noch beeindruckender als die europäischen Wachstumsraten sind die der Volksrepublik China. Die acht im Ranking vertretenen chinesischen Unternehmen verzeichnen 2021 einen Anstieg um 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 109 Milliarden US-Dollar. Das entspricht 80 Prozent aller im vergangenen Jahr getätigten Waffenverkäufe in Asien. „2021“, so der SIPRI-Forscher Xiao Liang, „wurde die China State Shipbuilding Corporation (CSSC) nach der Fusion von zwei Unternehmen der größte militärische Schiffbauer der Welt mit Waffenverkäufen im Wert von 11,1 Milliarden US-Dollar.“
Neben den USA mit 299 Milliarden US-Dollar und der Volksrepublik China mit 109 Milliarden US-Dollar nimmt sich Russland mit Waffenverkäufen von 17,8 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr geradezu bescheiden aus. Auch der Anstieg von 0,4 Prozent im Vergleich zu 2020 fällt gegenüber China (+ 6,3 Prozent) und Europa (+ 4,2 Prozent) gering aus und deutet für den Beobachtungszeitraum 2020 bis 2021 auf Stagnation hin. Wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine darf man auf die SIPRI-Zahlen für 2022 gespannt sein.
Gerd Portugall