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Verteidigungsministerin Christine Lambrecht fordert den Verzicht auf eine deutsche Sonderrolle im Bereich des Exports von multinationalen Rüstungsprojekten. Dies sollte in das in der Ausarbeitung befindliche Strategiepapier der Bundesregierung aufgenommen werden, wie sie in ihrer heutigen Rede auf der Berliner Sicherheitskonferenz ausführte. Vor einem internationalen Fachpublikum beschrieb sie anhand von drei Punkten die deutsche Zeitenwende. Zudem sagte Lambrecht, dass sie sich für die Verankerung einer guten finanziellen Ausstattung der Bundeswehr in der nationalen Sicherheitsstrategie einsetze.

Die Zeitenwende ist laut Lambrecht durch drei Aspekte geprägt. Erstens durch die Unterstützung der Ukraine in ihrem Kampf gegen den russischen Aggressor. Hier liefere Deutschland Waffen und Ausrüstung, unterstütze bei der Instandsetzung und bilde ukrainische Soldaten aus. Letzteres findet nun im Rahmen der europäischen Ausbildungsmission EUMAM Ukraine statt. „Bis nächsten Sommer werden wir 5000 ukrainische Soldaten in Deutschland ausgebildet haben“, sagte Lambrecht.

Zweitens sei die Zeitenwende auch durch die Neuausrichtung der NATO seit dem Gipfeltreffen in Madrid dieses Jahres geprägt. Es wurde das Rahmennationenmodell beschlossen und sich ehemals als neutral verstehenden Staaten, Schweden und Finnland, haben um Aufnahme in das Verteidigungsbündnis gebeten. Beim Rahmennationenmodell sind die Rahmennationen, für die militärische Unterstützung bestimmter Partner zuständig. So hat Deutschland diese Rolle für Litauen übernommen.

„Für uns Deutsche ist es wichtig, dass unsere Alliierten wissen, sie können sich auf uns verlassen“, betonte Lambrecht. Deutschland hat hierzu nach Kriegsausbruch seine Präsenz an der Ostflanke verstärkt und zum Beispiel Luftverteidigungssysteme vom Typ Patriot in der Slowakei stationiert. Diese hatte ihre Systeme vom Typ S-300 an die Ukraine abgegeben.

Als dritten Baustein nannte Lambrecht die Verbesserung der Ausrüstung der Bundeswehr. Hierfür müsse das Zwei-Prozent-Ziel der NATO dauerhaft erfüllt werden. Das Sondervermögen der Bundeswehr helfe hierbei. Als Beispiele für Beschaffungen nannte Lambrecht den Kauf von Kampfjets des Typs F-35, von Schweren Transporthubschraubern des Typs Chinook und von digitalen Funkgeräten. Zu letzteren sagte die Verteidigungsministerin, dass man durch das Sondervermögen die Möglichkeit habe, nun Funkgeräte zu beschaffen, die interoperabel seien mit denen der Partnernationen. Darüber hinaus werde man die bestehenden Lücken in der Luftverteidigung mithilfe der auf Deutschlands Betreiben hin gegründeten „European Sky Shield Initiative“, schließen. 14 Nationen hätten sich dieser bereits angeschlossen.

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Bezogen auf die in Arbeit befindliche nationale Sicherheitsstrategie für Deutschland erklärte Lambrecht zudem, wofür sie sich hierbei einsetze. „Für mich als Verteidigungsministerin ist natürlich wichtig, dass wir auch die militärische Sicherheit ganz prominent in dieser Strategie abbilden.“

Dazu gehöre es, militärisch gut aufgestellt zu sein, um die eigenen Werte verteidigen zu können, so die Ministerin weiter. Um dies sicherzustellen, müsse die dafür erforderliche finanzielle Ausstattung im Dokument aufgeführt werden.

Darüber hinaus sei es auch wichtig, viel mehr mit Partnern zusammenzuarbeiten, um die Interoperabilität zu erhöhen. „Dazu gehört dann aber auch, dass diejenigen, die mit uns zusammen etwas entwickeln und nach vorne bringen auch wissen und sich darauf verlassen können, dass sie die Möglichkeit der Refinanzierung haben“, sagte Lambrecht mit Blick auf die Exportmöglichkeiten bei Gemeinschafstprojekten. Deutschland könne nicht der Bremser sein und über ein Veto entsprechende Exporte verhindern. Nur wenn Deutschland auf eine Sonderrolle verzichte, könne man Partner für gemeinsame Projekte finden. „Das ist eine Herausforderung, aber ich bin ziemlich optimistisch, dass wir das in dieser nationalen Sicherheitsstrategie, auch vor dem Hintergrund der Zeitenwende, abbilden können“, so die Verteidigungsministerin.

Die nationale Sicherheitsstrategie ist die erste ihrer Art in Deutschland und soll im Februar auf der Münchener Sicherheitskonferenz vorgestellt werden.

Ole Henckel