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Im niederländischen Beschaffungsprogramm für die Nachfolge der U-Boote der Walrus-Klasse ist die nächste Phase eingeleitet worden. Nach einiger Verzögerung hat sich das niederländische Verteidigungsministerium nun an die drei im Wettbewerb verbliebenen Werften mit der Bitte um Vorlage von Angeboten gewendet. Naval Group, Saab Kockums und ThyssenKrupp Marine Systems (tkMS) sind die für die Entwicklung der vier neuen U-Boote für die niederländische Marine verbliebenen Bewerber.

Auf der Basis der Anforderungen der niederländischen Marine waren ursprünglich vier Wettbewerber zu Angeboten aufgefordert. Nach einer Verlautbarung des Ministeriums aus dem Jahr 2019 beläuft sich das Projekt auf mehr als 2,5 Milliarden Euro, doch kursierten im Jahr 2019 auch Zahlen von mehr als 3,5 Milliarden Euro. Nach der ursprünglichen Planung sollte 2022 ein Vertrag mit dem dann verbliebenden Wettbewerber unterzeichnet werden. Letztendlich sollten die neuen U-Boote die aktuelle Walrus-Klasse im Jahr 2031 vollständig abgelöst haben. Mittlerweile spricht die niederländische Regierung von 2034 als frühestem Liefertermin.

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Ein niederländisches U-Boot der Walrus-Klasse. Ursprünglich sollten die U-Boote dieser Klasse bereits 2031 vollständig ersetzt sein. (Foto: MoD Niederlande)

Aufgrund der aufgetretenen Verzögerung ist die Lebensdauerverlängerung der Walrus-Klasse zwingend erforderlich, um mindestens zwei Boote operativ zu halten bis zur Indienststellung der Nachfolger. Bis dahin sollen zwei der Bestands-U-Boote als Ersatzteillager kannibalisiert werden, um die Einsatzfähigkeit der beiden anderen zu gewährleisten.

Es wird erwartet, dass die drei Unternehmen ihre Angebote bis zum Sommer 2023 einreichen werden. Das niederländische Verteidigungsministerium wird nach deren Eingang die Offerten auswerten und entscheiden, welche Werft den Zuschlag für den Bau der U-Boote erhalten wird. Schon jetzt wird darauf hingewiesen, dass die Analyse mehrere Monate in Anspruch nehmen wird. Eines der Vergabekriterien ist die Beteiligung niederländischer Unternehmen an der Entwicklung, dem Bau und der Wartung von Schlüsselsystemen des Schiffes. Dahinter steckt der politische Wille der Niederlande, eine autarke und souveräne Wartungsfähigkeit der U-Boote sicherzustellen und die eigene Technologie wie auch industrielle Basis, die auch die wissenschaftlichen Institute berücksichtigt, zu stärken. Zum Zweck der Beteiligung niederländischer Unternehmen muss diejenige Werft, die den Zuschlag erhält, eine Vereinbarung mit dem Ministerium für Wirtschaft und Klima schließen, um aufzuzeigen, inwieweit die maritime Zulieferindustrie in den Niederlanden gestärkt werden kann.

Dabei sieht sich Saab Kockums aus Schweden besonders gut aufgestellt, da das Unternehmen eine Kooperation mit der niederländischen Werft Damen Naval eingegangen ist. Damen seinerseits hofft, durch die Kooperation Technologie-Know-how für die Entwicklung von U-Booten erlangen zu können.

Das deutsche Unternehmen tkMS versucht, der industriellen Einbindung der niederländischen Industrie Rechnung zu tragen, indem tkMS eine weitgehende niederländische Industriebeteiligung sicherstellen möchte.

So oder so könnte sich Den Helder zu einem europäischen Hub für Unterwassertechnologien, angeführt von der niederländischen Marine und der Industrie, entwickeln. 500 direkte und 1500 indirekte Arbeitsplätze sollen in Nordholland entstehen.

Ob die Vorstellungen dieser beiden Wettbewerber sich gegenüber der von Naval Group durchsetzen können, ist offen. Sowohl Damen/Saab als auch tkMS sind privatwirtschaftlich aufgestellte Unternehmen, während die französische Naval Group zu einem substanziellen Anteil in Staatsbesitz ist und daher aktive staatliche Unterstützung durch Paris genießt. Naval Group hat sich mit dem örtlichen Schiffbauer Royal IHC (Schwerpunkte sind die Entwicklung und der Bau von Schiffsbaggern und Zubehör für die Offshoreindustrie) zusammengetan.

Für die niederländische Regierung könnten unterschiedliche Präferenzen entscheidend sein. Dabei spielt neben dem Verteidigungsministerium auch die Ministerien für Finanzen,  das Ministerium für Wirtschaft und Klima und das Außenministerium eine Rolle. Dem Auswärtigen Amt in Den Haag wird eine besondere Nähe zu Frankreich nachgesagt. Trotz der geographischen Nähe zu Deutschland und der weitgehenden Integration des niederländischen Heeres in das deutsche Heer beargwöhnt man Bürokratie und Langsamkeit der Prozesse.

Die niederländische Marine rechnet damit, dass nach Vertragsunterzeichnung rund zehn Jahre ins Land ziehen werden, bis die ersten beiden U-Boote einsatzbereit sind. So lange verbleiben die U-Boote der Walrus-Klasse weiter im Dienst.

Rückfragen von ESuT bei tkMS ergaben, dass der deutschen Werft die Anfrage vorliegt. Weitere Angaben seien zurzeit nicht möglich. Die Auswertung und die Formulierung eines konkreten Angebotes wird noch geraume Zeit in Anspruch nehmen.

Hans Uwe Mergener / Redaktion