Print Friendly, PDF & Email

In einer ehemaligen Fahrzeughalle der Bundeswehr trainieren Soldatinnen und Soldaten den Häuserkampf. Eines der wichtigsten Tools dabei: die VR-Brille. Denn die Bundeswehr hat bereits seit längerem das Potenzial moderner Technologien wie Virtual Reality (VR) erkannt. Die BWI als ihr digitaler Innovationstreiber unterstützt sie bei der Entwicklung und Erprobung neuer VR-Anwendungen.

Virtuelle Stresssimulationen bewältigen

Anwendungen, wie das virtuelle Häuserkampftraining ermöglichen es, Szenarien zu üben, die in der Realität zu gefährlich, enorm aufwendig oder gar nicht darstellbar wären. Ein echter Paradigmenwechsel für die Ausbildung. Die BWI-Innovationseinheit Cyber Innovation Hub der Bundeswehr beispielsweise entwickelte mit dem Innovationsvorhaben „VR4SIT“ („Virtual Reality 4 Stress Impfungs-Training“) eine VR-Anwendung zur Stresssimulation. Sie knüpft damit an eine Schulung des Kommandos Feldjäger der Bundeswehr an, die Soldaten Methoden und Atemtechniken an die Hand gibt, um in unbekannten Stresssituationen ruhig zu bleiben.

Diese Situationen werden bislang in aufwändigen Kulissen zusammen mit Statisten trainiert. VR4SIT hingegen versetzt die Soldatinnen und Soldaten in eine virtuelle Umgebung. Uniform, originalgetreue Ausrüstung und Geräuschkulisse unterstützen ein möglichst realistisches Erleben, während Biofeedbacksensoren die Probandinnen und Probanden überwachen, um zu dokumentieren, inwiefern sie die gelernten Methoden in Stresssituation anwenden. Dass dies wirklich funktioniert, lässt sich anhand verschiedener Körpermerkmale, wie beispielsweise der Herzfrequenz und dem Hautwiderstand belegen. Letzterer verändert sich beispielsweise durch stressbedingte Aktivität der Schweißdrüsen.

Betriebsstoffe prüfen im digitalen Zwilling

Was die VR-Trainings gegenüber realen Übungseinheiten unschlagbar macht, ist die Möglichkeit, sie ortsunabhängig und beliebig oft zu durchlaufen. Ohne größeren Mehraufwand. Von diesem Aspekt profitiert auch die VR-gestützte Ausbildung am Laborcontainer. BWI innoX, eine weitere unserer Innovationseinheiten, hat damit die Schulung von Betriebsstofffeldwebeln in die virtuelle Realität verlegt. Befindet sich die Bundeswehr im Auslandseinsatz, sind sie es, die die Qualität von vor Ort gekauften Betriebsstoffen in Laborcontainern überprüfen. Von diesen Containern gibt es sieben Stück. Sechs davon befinden sich im Einsatz, lediglich einer steht zu Schulungszwecken bereit und ist somit ein Nadelöhr bei der Ausbildung notwendiger Kräfte.

BWI innoX hat daher einen digitalen Zwilling des Containers mit identischen Funktionen entwickelt. Eine weit größere Zahl Soldaten als bisher könnte darin das mehrmonatige Training absolvieren. Sie bewegen sich als Avatare im 3D-Labor, führen virtuelle Arbeitsschritte aus und tauschen sich mit ihren virtuell zugeschalteten Ausbilderinnen und Ausbilder aus – flexibel am Computer oder mit der VR-Brille. Die Lerneinheiten lassen sich individuell an den Wissensstand der Auszubildenden anpassen und können so lange wiederholt werden, bis jeder Handgriff sitzt.

VR-Experimente werden zu Blaupausen

Egal ob Häuserkampf, Stresssimulation oder Laborcontainer – die Erschließung des Potenzials von VR nimmt aufgrund vielfältiger technischer Durchbrüche immer stärker an Fahrt auf. Nutzer der virtuellen Trainingsangebote tauchen in immersive Welten ein, lernen dort unter Idealbedingungen und können die erworbenen Fähigkeiten einfacher in der realen Ausbildung oder im echten Einsatz anwenden. Dabei soll VR die klassische Ausbildung aber nicht komplett ersetzen, sondern sie vielmehr ergänzen und für bessere Lernerfolge sorgen.

Als Digitalisierungs- und Innovationspartner testet die BWI die Möglichkeiten moderner Technologien, um herauszufinden, wo und wie sich diese sinnvoll bei der Bundeswehr nutzen lassen. Die beiden Innovationsexperimente zeigen exemplarisch, wie erfolgreich beispielsweise die realitätsnahe, virtuelle Wissensvermittlung bei den Streitkräften zum Einsatz kommen und die Ausbildung der Soldatinnen und Soldaten auf ein neues Level heben kann. Das macht sie auch zur Inspiration für andere Bereiche der Bundeswehr und staatliche Organisationen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen, und für die die innovativen Lösungen der BWI als Blaupause dienen können.

Für die BWI steht fest: Das Potenzial innovativer Technologien ist enorm. Daher treiben wir diese Themen weiter voran – für die digitale Zukunftsfähigkeit der Bundeswehr und Deutschlands.

Matthias Görtz, Chief Technology Officer, BWI GmbH