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Eine Nationale Sicherheitsstrategie hat nach Aussage von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht drei Aufgaben zu erfüllen: 1. national und international Orientierung bieten, 2. sicherheitspolitische Kommunikation ermöglichen und 3. eine verteidigungspolitische Steuerungsfunktion erfüllen.

Das sagte die Verteidigungsministerin heute in Berlin in den Räumen des Think-Tanks Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in ihrer sicherheits- und verteidigungspolitischen Grundsatzrede zur kommenden ressortübergreifenden Nationalen Sicherheitsstrategie.

Die Bundesregierung arbeitet derzeit an der ersten Sicherheitsstrategie ihrer Art, die im Koalitionsvertrag Ende des vergangenen Jahres vereinbart worden war und nach jetziger Planung zum Jahreswechsel 2022/2023 vorliegen soll. Es ist davon auszugehen, dass Bundeswehr und Verteidigungsministerium inhaltlich einen großen Anteil an diesem Grundlagendokument haben werden.

Eingangs ihrer Ausführungen stellte die Ministerin fest: „Wir haben entschlossen reagiert“ auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der in Europa eine „Zeitenwende“ und einen „Kulturwechsel“ bewirkt habe. Dabei verwies sie auf das bereits beschlossene Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die deutschen Streitkräfte. Deren Einsatzbereitschaft und Kampfkraft sollen damit „dauerhaft“ gewährleistet werden. „Wir werden mehr Geld für Verteidigung ausgeben müssen – und wir brauchen es langfristig, das heißt nachhaltig.“

Die Bundesrepublik stehe fest zur Atlantischen Allianz und zu seinen Verbündeten – besonders an der bedrohten Ostflanke. Das Zwei-Prozent-Ziel der NATO in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) erfordert daher laut Lambrecht „eine haushälterische und militärische Kraftanstrengung“. Aber, so die Rednerin weiter: „Lassen Sie uns in dieser Lage ehrgeizig sein!“

Für sie sei ganz klar: „Wir Europäer müssen mehr Verantwortung übernehmen und die USA entlasten“, die sich wegen des Wettbewerbs mit der Volksrepublik China zunehmend auf den Indo-Pazifik konzentrierten. Als nukleare Schutzmacht seien die Vereinigten Staaten „als unser wichtigster Verbündeter unersetzbar“. Ein Ersatz für die atomare Abschreckung durch die Amerikaner sei „nicht in Sicht“. Immerhin setze Deutschland die Nukleare Teilhabe aufgrund der geplanten Beschaffung des Mehrzweck-Kampfflugzeugs F-35A fort, so die Ministerin.

Weiter ausgebaut werden müssten, so Lambrecht, die europäischen Beschaffungsagenturen: Dies gelte sowohl für die Gemeinsame Organisation für Rüstungskooperation (OCCAR) von 1996 als auch für die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) von 2004 – wohin ein deutscher Vizepräsident gehen werde – und für den Europäischen Verteidigungsfonds (EDF) von 2017. Bisher gingen nur acht Prozent der Bundeswehr-Ausrüstung aus europäischer Rüstungskooperation hervor; das ehrgeizige Ziel laute aber 35 Prozent.

Innerhalb Europas komme Deutschland quasi automatisch eine Führungsrolle zu, „auch dann, wenn es das gar nicht will“, so die Ministerin. Die Friedensordnung in Europa hänge unter anderem auch an der Verlässlichkeit und Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik. „Deutschland kann das!“, sagte die SPD-Politikerin.  „Wir Deutschen sind da in einer Bringschuld bei der Refinanzierung für Rüstungsexporte“, räumte sie jedoch ein. Dabei dürfe es künftig kein deutsches Vetorecht mehr geben. Das bedeute: „Wir müssen an die deutschen Exportregeln ran“, die bekanntlich relativ streng sind.

„Wir müssen neue Wege gehen für die Sicherheit und Freiheit unserer Kinder und Enkel“, so die Chefin des Verteidigungsressorts. Dies sei auch eine Frage der Generationengerechtigkeit. Dabei stelle die Bundeswehr „die zentrale Instanz für unsere Daseinsvorsorge“ dar: „Die Ukraine existiert nur noch, weil sie sich militärisch verteidigen kann.“ Deshalb müssten die deutschen Streitkräfte „in den Fokus gerückt werden“, auch wenn Umdenken manchmal weh tue.

Gerd Portugall