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Erstmals mit deutscher Beteiligung hat in Australien die dreiwöchige multinationale Luftwaffen-Großübung „Pitch Black 2022“ begonnen. Der Bundeswehr ist es wichtig, trotz des aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine verstärkten „Air Policing“ im Baltikum, ihre Einsatzbereitschaft und Interoperabilität mit Verbündeten und Sicherheitspartnern im Indo-Pazifik zu demonstrieren. Am 15. August begann hierzulande für rund 250 deutsche Soldatinnen und Soldaten die Verlegeübung „Rapid Pacific 2022“: Sechs Eurofighter, vier A400M und drei A330 MRTT („Multi-Role Tanker Transport“) hatten den Auftrag, die 12.800 km lange Strecke nach Singapur in nur 24 Stunden zurückzulegen.

Anschließend ging es für die sechs Kampfflugzeuge weiter zum Luftwaffenstützpunkt Darwin der Royal Australian Air Force (RAAF) im bundesunmittelbaren Northern Territory des Fünften Kontinents. Seit Anfang der 1990er Jahre, das heißt  seit Ende des Kalten Krieges, ist die Basis Gastgeber des alle zwei Jahre in geraden Jahren stattfindenden internationalen Luftwaffenmanövers „Pitch Black“. In diesem Jahr nehmen mehr als 2.500 Soldatinnen und Soldaten aus 17 Nationen mit bis zu 100 Luftfahrtzeugen an der bisher größten Militärübung in der Dritten Dimension in „Down Under“ teil. Der Übungsluftraum entspricht in seiner Ausdehnung etwa 75 Prozent der Grundfläche Deutschlands.

Der Bundeswehr ist es wichtig zu betonen, mit ihrer Teilnahme am Großmanöver „auch ein Zeichen für die Verantwortung innerhalb der Wertegemeinschaft im indo-pazifischen Raum“ zu setzen. Damit liegen die deutschen Streitkräfte ganz auf der Linie der „wertebasierten Außenpolitik“, deren Losung die AA-Ressortchefin Annalena Baerbock persönlich ausgegeben hat.

Die sechs deutschen Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 aus dem oberbayerischen Neuburg an der Donau fliegen abwechselnd in der Luftangriffs- und der Luftverteidigungsrolle gemeinsam mit und gegen die Luftstreitkräfte weiterer Nationen. Dabei werden sie gegen Ziele in der Luft und am Boden eingesetzt. Darüber hinaus sollen die teilnehmenden Kampfflugzeuge bei der multinationalen Seekampfübung „Kakadu“ Schiffe aus der Luft schützen.

Zu den Teilnehmern zählen Deutschlands NATO-Verbündete Frankreich, Großbritannien und die Vereinigten Staaten, aber auch Sicherheitspartner wie Indien, Indonesien und Singapur. Die beiden nordostasiatischen Nationen Japan und Südkorea nehmen – wie Deutschland – erstmals an „Pitch Black“ teil.

Mit Argusaugen dürfte insbesondere die Volksrepublik China auf das Großmanöver und seine Teilnehmernationen schauen. Einerseits sind mit Australien, Indien, Japan und den USA alle Mitgliedsstaaten der Quad-Gruppe vertreten, die laut staatlichen Medien in Peking eine „informelle Anti-China-Sicherheitsgruppe“ darstelle. Andererseits nehmen an „Pitch Black 2022“ mit Indonesien und Singapur zwei Anrainerstaaten des Südchinesischen Meeres teil, dessen Seegebiet zu einem Großteil von der Volksrepublik beansprucht wird.

Während also in Europa immer mehr westliche Staaten die sicherheits- und verteidigungspolitische Zusammenarbeit aus Sorge vor machtpolitischen Ambitionen des autoritären Russlands intensivieren, ist im indo-pazifischen Raum eine ähnliche Entwicklung aus Sorge vor den machtpolitischen Ambitionen Chinas zu beobachten.

Gerd Portugall