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Die US Navy hat bei Boeing einen Auftrag zur Serienfertigung der sogenannten High-Altitude Anti-Submarine Warfare Weapon Capability (HAAWC) erteilt. Dabei handelt es sich um einen ‚Gleitkörper‘, ein sogenanntes Air Launch Accessory (ALA) Kit, das an einem U-Jagd-Torpedo Mark 54 befestigt wird.

Der Vertrag wurde zwischen dem US Naval Sea Systems Command und Boeing und hat einen Gesamtwert von 25,6-Millionen US-Dollar. Der Vertrag beinhaltet einen Festpreis und einen reinen Kostenvertrag für die Produktion des ALA-Kits zur U-Bootabwehr in großer Höhe, die damit verbundenen Hardware-Reparaturdienste sowie andere Unterstützungsleistungen. So geht es aus einer Pressemitteilung des US-Verteidigungsministeriums vom 19. August hervor.

„Dies ist ein wichtiger Meilenstein, denn er bringt HAAWC einen Schritt näher an den Einsatz bei der Marine“, sagte Dewayne Donley, Boeings HAAWC-Programmmanager, in der Mitteilung. „Unsere Lösung verwandelt die Mk54 in eine Präzisionsgleitwaffe in GPS-gestützten und GPS-verweigerten Umgebungen. Das HAAWC-System bietet Flexibilität, indem es der Marine ermöglicht, U-Boot-Einsätze im gesamten Flugbereich der P-8A durchzuführen.“

„Es gibt auch Bestimmungen für Boeing zur Bereitstellung von Ingenieurleistungen wie Designstudien, Tests, Prototyping und/oder Analysen von produktionsbezogenen Problemen“, heißt es in der Boeing-Mitteilung. „Die Bestimmungen für den Reparaturservice umfassen Hardware-Reparatur- und Wartungsdienste für die HAAWC ALAs. Eine Bestelloption ermöglicht es der Marine außerdem, Ersatzhardware zu beschaffen.“ Der Gesamtwert des Vertrags könnte sich bei Einlösen aller Optionen auf 121,4 Mio. USD erhöhen.

Die HAAWC-Module sollen bis zum September 2024 ausgeliefert sein. Weitere HAAWC-Module könnten bei Ausübung einer vereinbarten Erweiterungsoption bis zum September 2030 geliefert werden.

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Illustration des Abschuss eines HAAWK-Flugkörpers von einer P-8A, Grafik: Boeing

Seit der ersten Hälfte der 2000er Jahre gibt es Überlegungen der US Navy zu einem ‚stand-off‘ Einsatz des U-Jagdtorpedos aus dem Flugzeug. Lockheed Martin veröffentlichte im Sommer 2006 sein Konzept „LongShot“ für die Reichweitenerweiterung und autonome Lenkung einer Reihe bereits existierender Luft-Boden-Munition mittels eines Flügeladapter-Kits.

Die US Navy hatte im Juli 2021 die Erprobung des HAAWC abgeschlossen und sich für eine Beschaffung ausgesprochen. In der damaligen Bewertung wurden keine Risiken bei Betriebstauglichkeit des Torpedos beim Einsatz mittels HAAWC gesehen. Einschränkungen sah die US Navy darin, dass sie die HAAWC nicht in allen Ausklinkhöhen, d.h. Flughöhe des Flugzeuges zum Zeitpunkt des Ausklinkens des HAAWC mit seinem Torpedo, einsetzen kann. Die Industrie spricht „von einer Höhe von bis zu 30.000 Fuß“.

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Durch die Reduzierung der Gefährdung für das Flugzeug und seine Besatzung ermöglicht HAAWC einen anderen Einsatz des Seefernaufklärers. Er wird in die Lage versetzt, Waffenträger für andere U-Jagd-Einheiten zu sein. Denn letztendlich kann er seine Waffen mit den Zieldaten anderer fliegender, schwimmender oder getauchter See- und Seeluftstreitkräfte zum Einsatz bringen, ohne das feindliche U-Boot selbst zu verfolgen. Das ist gerade bei der zunehmenden Bedeutung von A2AD (Anti-Access/Area Denial) ein weiterer Fähigkeitsgewinn.

Parallelen zur Deutschen Marine?

Die deutsche Marine nutzt den Torpedo Mk54. Der von der US Navy betriebene Seefernaufklärer P-8A Poseidon soll als Ersatz für die P-3C Orion in die Deutsche Marine eingeführt werden. Im September 2021 hat die US-Navy Boeing einen Auftrag über die Produktion von fünf P-8A Poseidon-Flugzeugen für Deutschland erteilt. Die ersten Lieferungen sollen im Jahr 2024 erfolgen.

Der HAAWC-Bausatz ist insofern auch für die Deutsche Marine bemerkenswert. Die konzeptionelle Prüfung durch die zuständigen Stellen ist noch nicht abgeschlossen. Über den traditionellen Abwurf vom Seefernaufklärer hinaus könnte der HAAWC auch für den Einsatz an (bewaffneten) Drohnen in Frage kommen.

Im Juli 2020 hatte das Außenministerium der Vereinigten Staaten die Ausfuhr von 93 Leichtgewichtstorpedos (Lightweight Torpedoes, LWT) des Typs MK 54 an Deutschland und Belgien genehmigt. Deutschland hatte damals 64 MK 54 LWT erhalten, Belgien 29. Die Torpedos für die Deutsche Marine sollen von den Seefernaufklärern P-3C Orion, später ihrem Nachfolgemuster P-8A Poseidon, bei der Uboot-Bekämpfung eingesetzt werden. In ihrer Exportempfehlung begründete das Pentagon seine Zustimmung damit, dass die Beschaffung „die Fähigkeit Deutschlands bei der Uboot-Abwehr jetzt und künftig entscheidend verbessern“ werde.

Der MK 54 ist ein leichter Torpedo zur Uboot-Abwehr von Schiffen, Helikoptern und Flugzeugen aus. In der Waffe wurden die Zielerfassungs- und Datenverarbeitungseinheiten des Torpedos MK 50 mit dem Antrieb des Leichtgewichtstorpedos MK 46 kombiniert, um verbesserte Fähigkeiten für den Kampf gegen leise, konventionell getriebene Uboote in flachen Gewässern zu erhalten. Raytheon hatte die Serienproduktion im Jahr 2004 begonnen, damals waren 24 MK 54 hergestellt worden.

hum / Redaktion