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Am Morgen des 7. Juli passierte die russische Fregatte „Admiral Gorshkov“ den Fehmarnbelt. Das zur Nordflotte der Russischen Föderation gehörende Schiff wird voraussichtlich an der Flottenparade der russischen Marine in Kronstadt/St. Petersburg teilnehmen.

Die 135 Meter lange, 5.400 Tonnen verdrängende Einheit gehört zu einer neuen Klasse von russischen Mehrzweckfregatten, die als Nachfolgerin der Krivak-Klasse gilt. Bisher sind zwei Einheiten im Dienst, sechs weitere weisen unterschiedliche Bauzustände auf, wovon die „Admiral Golovko“ am weitesten fortgeschritten ist. Im August 2020 wurden zwei zusätzliche Fregatten in Auftrag gegeben. Die Besonderheit der „Admiral Gorshkov“ ist, dass sie Hyperschallraketen verschießen kann, gegen die die NATO bislang keine Abwehrmöglichkeiten hat.

Nach Expertenmeinung benötigt die russische Marine dreißig Einheiten, um ihre verbleibenden Vorgänger zu ersetzen. Der Bau der „Admiral Gorshkov“ begann 2006, ihre Indienststellung erfolgte 2018. Baunummer 2, „Admiral Kasatonov“ wurde 2009 aufgelegt und 2020 in die Marine übernommen. Gemäß einer Bekanntmachung der Bauwerft Severnaya vom August 2021 sollten Mitte 2022 die Seeversuche von Baunummer 3, „Admiral Golovko“, deren Baubeginn 2012 war, aufgenommen werden. Russische Quellen erwarten ihre Übergabe an die Marine noch im laufenden Jahr. Sie gehen von der Fertigstellung der sieben weiteren Fregatten bis 2027 aus.

Ihre Hauptbewaffnung bringt die Admiral-Gorshkov-Klasse (russisch: Projekt 22350) aus einem 16-zelligen Senkrechtstartersystem (VLS-Vertical Launch System) zum Einsatz. Aus ihnen lassen sich Kalibr-NK-Landangriffs-Marschflugkörper (Reichweite 2.500 km), P-800 Oniks-Schiffsabwehrraketen (Reichweite 300-500 km), der hyperschallschnelle Zirkon und 91RTE2-U-Boot-Abwehrraketen verschießen. Ein weiteres 32-Zellen- Senkrechtstartersystem (VLS) ist Flugabwehrflugkörpern mittlerer Reichweite vorbehalten. Die Bewaffnung wird mit einem 130-mm-Turm, zwei 30-mm- Nahbereichsabwehrkanonen und Torpedowerfern vervollständigt.

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Das Bild wurde am Donnerstag Morgen um 09:00 Uhr während der ostwärtigen Fehmarnbelt-Passage aufgenommen. Die Fregatte trägt zur Zeit das markante „Z“-Symbol am Abgasaustritt mittschiffs. Außergewöhnlich ist, dass die AAW-Fregatte ihr FURKE-3D (5P-27)-Luftraumüberwachungsradar rotieren hatte. Normalerweise nutzen russische Überwasser-Kampfeinheiten bei der Passage des Kattegats und Belte ein NAV-Radar. Die Fregatte scheint zunächst auf dem Weg nach Baltiysk zu sein, bevor sie zum Monatsende an den Feierlichkeiten zum Geburtstag der russischen Marine in St.Petersburg teilnehmen soll. Foto + BU: Michael NItz, Naval Press Service

Die „Admiral Gorshkov“ führte am 28. Mai in der Barentssee ein Testschießen einer Hyperschallrakete vom Typ Zirkon durch. Er gilt als der erste erfolgreiche Test dieses Waffensystems über seine volle Reichweite. Zirkon (russische Bezeichnung 3M22 Tsirkon (Циркон), NATO-Bezeichnung SS-N-33) soll neunfache Schallgeschwindigkeit (Mach 9) erreichen. Die Nutzlast beträgt 300 Kilogramm. Der Sprengkopf kann konventionell oder nuklear bestückt sein. Das Waffensystem ist sowohl für See- als auch für Landziele konzipiert und kann von Überwassereinheiten wie von U-Booten eingesetzt werden. Eine landgestützte Version soll sich in der Entwicklung befinden.

Kerndaten der Admiral-Gorshkov-Klasse (Projekt 22350)

Besatzung 210
Länge 135 m
Höhe 15 m
Tiefgang 4.5 m
Verdrängung bei voller Last 5.400 t
Geschwindigkeit 29.5 Knoten
Reichweite 8.980 km bei 14 Knoten
Antrieb CODAG Antrieb mit 2 Gasturbinen (55.000 PS kombiniert) und 2 Dieselmotoren (10.400 PS kombiniert), über 2 Antriebsstränge
Helikopter 1 x Ka-27
Bewaffnung
Artillerie 1 x 130 mm, 2 x 30 mm Palash CIWS
Flugkörper 16-zölliges VLS für Kalibr, P-800, 2 x 14,5mm MG Lafette, Oniks, Zirkon,  Anti-U-Boot-Flugkörper 91RTE2, 32-zölliges VLS für  Boden-Luft-Flugkörper
Torpedos 2 x Vierlings-Torpedorohre für 330 mm Paket-NK Torpedos

Als schnellste nicht-ballistische Rakete der Welt und mit ihrer Fähigkeit, während des Fluges zu manövrieren, stellt Zirkon die westliche Raketenabwehr vor Herausforderungen. Insofern bedeutet vor dem Hintergrund der aktuellen Lage die Anwesenheit der „Admiral Gorshkov“ in unserem Vorgarten mehr als nur die Entsendung einer Marineeinheit zum Flottengeburtstag. Die Situation, die aufgrund der in der russischen Enklave Kaliningrad stationierten Iskander-Flugkörpersystemen ohnehin angespannt ist, wird dadurch weiter zugespitzt.

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Zirkon-Reichweite bei einer Stationierung der „Admiral Gorshkov“ vor Kaliningrad. Bei westlicherer Positionierung liegen die (west-)europäischen Zentren in der Reichweite des Flugkörpers. Karte: hum, Bing Maps

Im vergangenen Jahr ließ der russische Staatschef Wladimir Putin ein Trio von Atom-U-Booten in der Ostsee auffahren – damals ein Novum. Darunter der modernste Atomwaffenträger der russischen Marine, das U-Boot „Fürst Wladimir“, das 16 Interkontinentalraketen mit 96 nuklearen Sprengköpfen tragen kann.

31. Juli – Tag der Russischen Marine

Der Tag der Marine ist ein nationaler Feiertag in der Russischen Föderation, der traditionell am letzten Sonntag im Juli begangen wird und an dem die Seeleute der russischen Marine und ihrer Spezialeinheiten geehrt werden. 2022 wird er am 31. Juli begangen. Nach dem Tag des Sieges am 9. Mai gilt der Tag der russischen Marine (День Военно-Морского Флота) als zweitgrößter militärischer Feiertag in Russland. Die zentralen Feierlichkeiten finden seit 2017 in St. Petersburg als Flottenparade von Schiffen und fliegenden Einheiten der Ostsee-, Schwarzmeer-, Nord- und Pazifikflotte sowie der Kaspischen Flottille statt. Auch in anderen Flottenstützpunkten werden Veranstaltungen abgehalten. Der Tag der Marine wurde ursprünglich 1696 eingeführt und 1980 von der Sowjetunion abgeschafft. Präsident Putin ließ ihn wieder aufleben.

Unter Berufung auf Verteidigungsminister Sergej Schoigu meldete TASS Anfang Juni, dass in diesem Jahr 47 schwimmende Einheiten teilnehmen werden.

Hans Uwe Mergener