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Die deutschen Streitkräfte wollen künftig jährlich im indo-pazifischen Raum Präsenz zeigen. Das kündigte der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach, am Dienstag bei einem Vortrag vor internationalem Publikum bei der Fullerton-Lecture des International Institute for Strategic Studies (IISS) in Singapur an.

Er berief sich dabei auf den Generalinspekteur der Bundeswehr, der „zum Zweck der internationalen Zusammenarbeit und für Übungen im Jahr 2022 Luftwaffen- und Cyberabwehreinheiten in die Region entsenden wolle“.

Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, wird die Luftwaffe im kommenden Jahr in Australien an der Übung Pitch Black teilnehmen. Dazu sollen mindestens vier Eurofighter zuzüglich Tank- und Transportflugzeugen in die Region entsandt werden. Offenbar wird auch darüber diskutiert, auf dem Rückflug einen Abstecher in Japan zu machen.

Die Marine will schon ab 2023 einen regelmäßigen Einsatz im Indo-Pazifik absolvieren.  Ginge es nach Vizeadmiral Schönbach in einem internationalen Format, gemeinsam mit europäischen und transatlantischen Partnermarinen. Er denkt noch weiter und verwies auf die Fregatten der Klasse F 125, die Einsätze bis zu zwei Jahren ermöglichen. Mit Partnern in der Region und in Singapur sei man über die Einrichtung eines temporären logistischen Zentrums (‚logistic support hub‘) im Gespräch, mit dessen Hilfe die logistische Betreuung vereinfacht würde.

Den Einsatz der Fregatte „Bayern“, die Weihnachten und den Jahreswechsel in Singapur verbringen wird, bewertete er positiv. Nach fast 20 Jahren Abwesenheit, musste vieles „von Grund auf“ neu gelernt werden, „nicht nur in Bezug auf Geografie und Hydrographie, sondern vor allem, was die Länder, ihre Menschen und ihre unterschiedlichen Perspektiven betrifft“, so der deutsche Marinechef. Die Situation vor Ort zeige sich komplexer als es in Deutschland wahrgenommen werde.

Er führte die große Besorgnis in der Region über den militärischen Aufstieg Chinas an, dessen Militärhaushalt sich in den letzten 20 Jahren mehr als verzehnfacht hat. Die Volksrepublik erweitert ihre militärischen und maritimen Kapazitäten kontinuierlich. Nach einer Einschätzung der USA wird die chinesische Flotte von derzeit 355 Einheiten bis 2030 auf 460 Einheiten anwachsen.

Der Inspekteur der Marine zeigte sich im Nachhinein von der Entscheidung überzeugt, die „Bayern“ als Einzelfahrer auf die Reise geschickt zu haben. Dies habe die Möglichkeit gegeben, den Dialog mit den Partnern zum gegenseitigen Nutzen zu intensivieren. Was in der Bewertung von Schönbach auch zum politischen Erfolg der bisherigen Reise beigetragen hat. Denn so konnte sich Deutschland seiner Meinung nach als das präsentieren, was es ist: eine europäische Mittelmacht, die ohne versteckte Agenda daherkomme. Denn die Länder des indo-pazifischen Raums seien gefragt, wenn es darum gehe, eine gemeinsame Basis für eine stabile und friedliche regionale Ordnung zu finden. Deutschland biete seine Unterstützung an, wenn es darum gehe, Lösungen zu finden.

In der Frage-und-Antwort-Runde, die einer der Teilnehmer als die beste seit Ewigkeiten (‚best in ages‘) bewertete, wurde die Besorgnis der Anrainerstaaten vor einer Eskalation artikuliert. Bei erhöhter Präsenz anderer bestehe das Risiko zu Zwischenfällen, die in einer ohnehin volatilen Region leicht zu unerwünschten Entwicklungen führen könnten. Auf die Frage nach der Durchfahrt der Taiwanstraße verwies der deutsche Marinechef darauf, dass es ich um einen freien Seeweg handele. Dennoch bleibe die Passage immer eine politische Entscheidung, für die er für ein nächstes Mal eine Empfehlung aussprechen würde.

Die Fullerton-Lecture des IISS, bei der Vizeadmiral Schönbach referierte, umfasst sechs Vorträge pro Jahr, bei denen bedeutende Persönlichkeiten aus dem Raum Asien-Pazifik und von internationalen Organisation in Singapur zu Wort kommen.

Hans-Uwe Mergener