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Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf hat die Rechtswidrigkeit der Aufhebung des Vergabeverfahrens zum Schweren Transporthubschrauber (STH) nach Angaben von Lockheed Martin vollumfänglich bestätigt. Das OLG habe in seinem Beschluss vom 15. Dezember zum einen festgestellt, dass der Angebotspreis von Lockheed Martin die geschätzten Gesamtkosten für Beschaffung und Betrieb nur unwesentlich überstiegen habe, schreibt das Unternehmen in einer Mitteilung. Darüber hinaus habe das Gericht die vom Bundesverteidigungsministerium (BMVg) vorgenommene Schätzung der Beschaffungskosten aus mehreren Gründen für nicht nachvollziehbar und unrealistisch niedrig im Verhältnis zur geforderten Sonderausstattung der Hubschrauber eingeschätzt.

Gleichzeitig hat das Oberlandesgericht das Urteil der Vergabekammer des  Bundeskartellamtes vom Frühjahr bestätigt, wonach die Aufhebung der Ausschreibung wirksam war – obwohl die Bieter in ihren Rechten verletzt wurden. Damit muss das abgebrochene Verfahren nicht mehr aufgenommen werden und der Weg für einen neuen Ansatz beim Erwerb der Helikopter dürfte frei sein.

Die erste Vergabekammer des Bundeskartellamtes hatte im März geurteilt, dass die Aufhebung des Verfahrens zur Beschaffung eines STH für die Bundeswehr zwar rechtswidrig gewesen, aber gleichsam rechtswirksam sei. Die Rechtswidrigkeit wurde damals damit begründet, dass die von der Bundeswehr vorgenommene Schätzung der Beschaffungskosten für die Hubschrauber, die Grundlage für die Beantragung der Haushaltsmittel bildeten, nicht nachvollziehbar dokumentiert waren.

Gegen dieses Urteil hatten sowohl Lockheed Martin, der Konzern ist mit dem Hubschraubermuster CH-53K in dem Wettbewerb vertreten, als auch das BMVg Beschwerde eingelegt, so dass der Fall abschließend vor dem OLG Düsseldorf verhandelt werden musste. Lockheed Martin wollte mit dem Gang vor das OLG dem Vernehmen nach finale Rechtssicherheit und ein faires und transparentes Vergabeverfahren sicherstellen. Zuvor hatte das BMVg das im Februar 2019 eingeleitete Vergabeverfahren zum Schweren Transporthubschrauber im September vergangenen Jahres überraschend abgebrochen. Lockheed Martin hatte dagegen einen Nachprüfungsantrag über die Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung bei der Vergabekammer gestellt.

„Das OLG hielt es nicht für notwendig, dem Auftraggeber die Fortsetzung des ursprünglichen Vergabeverfahrens aufzugeben, solange im stattdessen initiierten Regierungskaufverfahren keine Anhaltspunkte für eine einseitige, willkürliche Bevorzugung eines Wettbewerbers vorlägen“, schreibt das Unternehmen in der Mitteilung. Es bezieht sich damit auf das offenbar von der Bundesregierung eingeleitete Foreign-Military-Sales (FMS) -Verfahren, bei dem die US-Regierung als Geschäftspartner auftritt und nicht der Hubschrauber-Hersteller.

„Wir sind in unserer Auffassung, dass der damalige Abbruch des Verfahrens unbegründet war und nicht durch überhöhte Angebotspreise der Bieter verursacht wurde, vollends bestätigt worden“, kommentiert Dennis Göge, stellvertretender Europachef bei Lockheed Martin, die Entscheidung. Der Bund hätte seiner Auffassung zufolge auch im damaligen Beschaffungsverfahren seine Anforderungen an die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel anpassen können.

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„Das Gericht hat dem Auftraggeber damit auch aufgegeben, im FMS-Verfahren einen Bieter auf der Basis realistischer Forderungen auszuwählen“, so Göge weiter. Er sei zuversichtlich, dass die CH-53K bei Beschaffung und Betrieb einer Flotte marktverfügbarer Transporthubschrauber mit den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln im FMS-Verfahren die Anforderungen am besten erfülle.

In ihrem vorläufigen Haushaltsentwurf für das kommende Jahr hatte die aus dem Amt geschiedene Bundesregierung im Sommer Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von rund 5,2 Milliarden Euro für den Zeitraum 2023 bis 2030 eingestellt, um einen Schweren Transporthubschrauber zu beschaffen. Ob dieser Haushaltsansatz auch von der neuen Regierung unterstützt wird, bleibt abzuwarten. In der Vergangenheit war es in der Regel jedoch so, dass die Fiskalplanung für das erste Amtsjahr der neuen Exekutive weitergeführt wurde.

Laut Lockheed Martin erwägt das BMVg im Rahmen des FMS-Programms auf  ursprünglich geplante aufwendige Modifikationen zu verzichten. Ein solches Programm sieht den Kauf der marktverfügbaren (Military-Off-The-Shelf – MOTS) Version eines Luftfahrzeugs vor.

Die Basisversion der CH-53K decke sämtliche relevante Missionsanforderungen der Bundeswehr ab und verfüge bereits serienmäßig über unverzichtbare Fähigkeiten wie die Luftbetankung sowie ein höheres Leistungsspektrum, schreibt der Konzern. So könnten insbesondere im Bereich der bewaffneten Suche und Rettung bereits mit einer Flotte von 44 Luftfahrzeugen die Anforderungen der Bundeswehr sowie die NATO-Verpflichtungen erfüllt werden.

Einziger Wettbewerber von Lockheed Martin beim STH ist der US-Flugzeugbauer Boeing mit der CH-47. Ein Boeing-Sprecher teilte auf Anfrage mit, dass sein Unternehmen auf weitere Informationen zum weiteren Fortgang des Beschaffungsprozesses warte.

Redaktion / lah