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Der CEO von Airbus Defence and Space, Michael Schöllhorn, sieht mit Sorge eine Tendenz in der EU, die Verteidigungsindustrie auf Basis der so genannten ESG-Kriterien „zu stigmatisieren“. Es sei ein Fehler, die Verteidigung gegen Nachhaltigkeit auszuspielen, sagte er gestern vor internationalen Pressevertretern beim diesjährigen Trade Media Briefing seines Unternehmens.

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Michael Schöllhorn. CEO von Airbus Defence and Space. (Foto: Airbus)

Schöllhorn bezieht sich mit seiner Aussage auf die aktuelle Diskussion innerhalb der Europäischen Kommission, welche Kriterien für nachhaltige Anlagen in Zukunft gelten sollen. Offenbar befürchtet der CEO, dass bei einer zu engen Definition von Nachhaltigkeit die Rüstungsindustrie von privaten Investitionen zum großen Teil ausgeschlossen würde. Schöllhorn plädiert deshalb für ein umfassendes Verständnis von Nachhaltigkeit. Dieses solle die Fähigkeit einer Gesellschaft einschließen, sich und ihre eigenen Werte zu verteidigen. Dies sei das Fundament, das nachhaltiges Wirtschaften überhaupt ermögliche, sagte der Airbus-Manager.

Hintergrund der Debatte ist der Plan der EU, Offenlegungspflichten für Unternehmen einzuführen. Letztere müssen anhand von so genannten ESG-Kriterien ihre Aktivitäten in den Bereichen Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung) offenlegen, sodass sie im Rahmen einer neuen EU-Taxonomie für nachhaltige Investitionen eingeordnet werden können. Mit der gerade in der Vorbereitung befindlichen Taxonomie will die EU Investitionen in nachhaltige Projekte lenken. So dürfen dann nur noch Unternehmen, die gemäß Taxonomie als nachhaltig eingestuft werden, in nachhaltigen Fonds aufgenommen werden. Sollte die Produktion von Rüstungsgütern aufgrund der ESG-Kriterien als grundsätzlich nicht nachhaltig eingestuft werden, würde dies massive Nachteile für die Branche am Finanzmarkt mit sich bringen. Die Diskussion um die Einstufung dauert gegenwärtig noch an.

Schöllhorn ging auch auf das trinationale Future Combat Air System (FCAS) ein. Er bezeichnete FCAS als instrumentell für die europäische Souveränität. Dabei geht es dem Airbus-Manager zufolge auch darum, nicht von Lieferketten außerhalb der EU abzuhängen.  Es handle sich um ein komplexes Vorhaben und man sei auf einem guten Weg, so Schöllhorn. Er räumte allerdings ein, dass es beim New Generation Fighter noch einige Fragen zu klären gibt. Man befinde sich diesbezüglich mit Dassault im Austausch. Offenbar steht aufgrund dieser noch nicht abgeschlossenen Gespräche die Unterzeichnung des Industrievertrages für die FCAS-Phase 1b seit Monaten aus.

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Die Entwicklung der EU-Taxonomie sieht nicht nur Airbus kritisch. Auch der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) befindet sich in Alarmstimmung. So warnt BDSV-Hauptgeschäftsführer Hans Christoph Atzpodien bereits seit längerem davor, dass die Rüstungsindustrie bei einer Einstufung als nicht nachhaltig von der Finanzierung abgeschnitten würde.

Aktivitäten die der Ausrüstung von staatlichen Sicherheitsorganen und Streitkräften in den EU-, NATO- und NATO-gleichgestellten Ländern dienten, müssten eindeutig der Kategorie der positiv Nachhaltigkeits-fördernden Aktivitäten zugeordnet werden, so der Hauptgeschäftsführer.

Ole Henckel