Print Friendly, PDF & Email

Ungarische Fachmedien haben über Social-Media-Kanäle Fotoaufnahmen einer Drohne des Typs Vestel Karayel-SU verbreitet, die offenkundig Rolltests und im späteren Verlauf auch Flugtests auf der Luftwaffenbasis im westungarischen Pápa absolviert hat. Bereits im Frühjahr hatte der Kommissar für Rüstungsangelegenheiten, Gáspár Maróth, in mehreren Stellungnahmen die Bedeutung von bewaffneten Drohnen (UAV) für das ungarische Rüstungsprogramm Zrinyi 2026 hervorgehoben. Die nun erfolgten Tests scheinen ein weiterer Schritt in Richtung einer Beschaffung zu sein.

Die zum türkischen Elektronikkonzern Vestel gehörende Vestel Defence Industry entwickelt seit 2003 unbemannte Luftfahrtsysteme und stellte die erste Version der Karayel-Drohne 2014 vor. Im Fokus der Entwicklung lag ein dreifach redundant ausgelegtes Betriebssystem, wodurch eine hohe Betriebssicherheit erreicht wird. Zudem erfüllt das Luftfahrzeug die STANAG 4671, welche die luftfahrttechnischen Anforderungen an ein UAV regelt. Die in Pápa beobachtete Drohne entspricht dem weiterentwickelten Karayel-SU-Standard, welcher eine vollwertige bewaffnete Version darstellt. Die SU-Version zeichnet sich durch eine größere Spannweite von 13 m und eine gesteigerte und diversifizierte Außenlast aus. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von etwa 150 km/h und einem maximalen Startgewicht von 630 kg ist das UAV in der Lage, eine Last von 130 kg mitzuführen. Als Waffensysteme sind unter anderem die Panzerabwehrlenkwaffe UMTAS, beziehungsweise die kostengünstige lasergelenkte 70-mm-Cirit-Rakete des türkischen Herstellers Roketsan integriert.

Auch wenn eine offizielle Bestätigung seitens der ungarischen Streitkräfte noch aussteht, dürften sich die aktuellen Erprobungen in einem fortgeschrittenen Stadium befinden. So sagte Balázs Trautmann, der Chef vom Dienst des ungarischen Fachmagazins Aranysas, im Gespräch mit der Europäischen Sicherheit und Technik, dass die nun erfolgenden Flüge im direkten Einklang mit der von der Regierung veröffentlichen nationalen Verteidigungsstrategie stehen.

blank
blank
blank

Laut Trautmann wird darin die Schaffung einer UAV-Fähigkeit auf taktischer, operativer und sogar strategischer Ebene aufgezeigt. Auch zu einem möglichen Stationierungsort äußerte sich der Fachmann. Der für die Erprobung aktuell verwendete Stützpunkt Pápa, welcher der NATO als Basis eines C-17A-Einsatzverbandes der Strategic Airlift Capability dient, sei zwar gut ausgebaut, jedoch durch diese Rolle vollständig ausgelastet. Dem Vernehmen nach soll stattdessen ein aktuell ungenutzter Flugplatz wieder aktiviert werden. Ein wahrscheinlicher Kandidat könnte laut Trautmann der Luftwaffenstützpunkt im westungarischen Taszár sein, welcher der erste NATO-Stützpunkt auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Paktes war und während des Balkan-Konfliktes eine prominente Rolle spielte.

Die Vestel Karayel stand in der Vergangenheit deutlich weniger im Fokus als die TB-2-Drohne des türkischen Herstellers Baykar Technologies, für die sich dieses Jahr bereits das NATO-Land Polen entschieden hat und auch Lettland starkes Interesse bekundete. Beobachter der ungarischen Rüstungsentwicklung überrascht die Erprobung der Karayel-SU jedoch nicht. So besuchten dem Vernehmen nach bereits im Frühjahr ungarische Fachleute den Hersteller Vestel Defence Industry, der sich mit der Karayel-SU-Drohne zuletzt auch auf der Rüstungsschau auf dem Flugplatz Kecskemét Anfang August präsentierte.

Kristóf Nagy