Print Friendly, PDF & Email

Das erste der drei neuen Multi Mission Inshore Patrol Vessels (MMIPV) der südafrikanischen Marine (SAN) ist vom Stapel gelaufen. Dazu wurde das mehr als 600 Tonnen schwere Schiff jetzt vom Gelände der Bauwerft Damen Shipyards Kapstadt (DSCT) mit einem 48-Achsen-Transporter zum Synchrolift der Transnet National Ports Authority im Victoria & Alfred Waterfront Basin, einer eher touristischen Attraktion Kapstadts, transportiert. Mit dem Absenken des Synchrolifts beim Eintreffen des Hochwassers kam P 1571 zum ersten Mal mit seinem eigentlichen Element in Berührung. Nun soll die Erprobung der Schiffssysteme anlaufen. Am Jahresende soll das Schiff an ARMSCOR, die südafrikanische Beschaffungsbehörde, und dann an die Marine übergeben werden.

Die erste der drei neuen Einheiten dieser Schiffsklasse wurde am 12. Februar getauft (ESuT berichtete). Der Name wurde noch immer nicht bekannt gegeben. Mit 62 Metern Länge und 11 Metern Breite verdrängen die ‚Sea Axe‘-Schiffe ca. 1.000 Tonnen. Die Bezeichnung beruht auf der besonderen Bugform. Das von Damen patentierte ‚Axe Bow‘-Design bietet einen geringen Widerstand, erlaubt eine hohe Dauergeschwindigkeit in Wellen und soll auch unter „härtesten Bedingungen überlegene „Seegangseigenschaften“ gewährleisten. Nach Firmenangaben werden die vertikalen Beschleunigungen deutlich reduziert und das harte Einsetzen des Buges in Wellen fast eliminiert.

Am Abend des 23. März 2021 wurde P1571 von der Werft Damen Shipyards Kapstadt zum Synchrolift tranportiert. Foto: DSCT

Einzelheiten zur Ausrüstung der Biro-Einheiten sind zurzeit noch rar. Die Bewaffnung soll aus einem 20-mm Geschütz Super SEA ROGUE von Reutech bestehen. Frühere Informationen sahen Denel’s doppelläufiges 20-mm-Geschütz GI-2 vor. Die Boote werden über je ein sieben und ein neun Meter langes Festrumpfschlauchboot (RHIB) verfügen. Das Achterdeck bietet eine zusätzliche Stellfläche für einen 20-Fuß-Container. Neben einer 40-köpfigen Besatzung können die Patrouilleneinheiten bis zu 22 zusätzliche Personen unterbringen.

Das Projekt Biro sah ursprünglich drei Küsten- und drei bis sechs Offshore-Patrouillenschiffe (OPV) vor. Aufgrund fehlender Haushaltsmittel wurde das Programm auf drei Multi Mission Inshore Patrol Vessels reduziert. Armscor vergab im Januar 2018 den Auftrag an die Kapstädter Tochter der niederländischen Werftengruppe Damen. Trotz einer wegen der Covid-19-Situation gebotenen Skepsis blieb es bisher beim geplanten Zeitplan. Die beiden Schwesterschiffe sollen in jährlichem Abstand folgen.

Das 1,5-Milliarden-Rand-Projekt (85 Millionen Euro) kam nach der Entscheidung für ein strategisches Verteidigungspaket (u.a. vier MEKO-Fregatten, drei Uboote) mit einigen Startschwierigkeiten zustande. Ende des ersten Jahrzehnts dieses Jahrtausends gaben sich europäische und andere internationale Werften in Kapstadt und Pretoria die Klinke in die Hand.

Denn für Südafrika besteht ein Bedarf an kleineren Einheiten, zum Teil zur Entlastung der größeren, zum anderen Teil als Ersatz für veraltete Einheiten. Die zuvor im Patrouillendienst eingesetzten wesentlich kleineren Schnellboote, die auf dem Design der israelischen Saar 4-Klasse beruhten, waren für die dortigen Seeverhältnisse nicht sonderlich tauglich. Sie waren auch in die Jahre gekommen. Als erste der damals noch drei fahrenden Einheiten wurde SAS GALESHEWE (P 1567) im November des vergangenen Jahres außer Dienst gestellt.

Derartige Marineeinheiten sind in der Sicherheitsarchitektur Südafrikas von großer Bedeutung, da sie ein kosteneffektives und zielgerichtetes Vorgehen gegen Kriminalität in den ausgedehnten Küstengewässern (2.500 km Küstenlinie) und der erweiterten maritimen Wirtschaftszone Südafrikas, in der Schmuggel und illegale Fischerei an der Tagesordnung sind, ermöglichen. Für Pretoria spielt konzeptionell immer die Sicherheit des Seeverkehrs in der südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC), im übrigen Afrika und darüber hinaus eine Rolle. Gerade zur See konnte sich Südafrika in der Vergangenheit einbringen. Zu Land hat es Pretoria schwieriger, da die Nachbarländer immer befürchten, dass es mit einer Beteiligung seiner Land-  und Luftstreitkräfte den ohnehin sehr großen wirtschaftlichen Einfluss ausbauen könnte. Zur Überwachung des Seegebietes, zum Fischereischutz, für internationale Anti-Piraterie-Operationen und für bilaterale Einsätze im Anti-Terror-Kampf musste vermehrt auf die MEKO-Fregatten zurückgegriffen werden, was diese stark beanspruchte. Auch die Belastung des Personal erreichte seine Grenze.

_________________________________________________________

Von der mitteleuropäischen Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, sind im mittleren und nördlichen Mosambik und in der Straße von Mosambik Drogenkriminalität und terroristische Übergriffe nicht selten. Beispiele: Während die Deutsche Welle am 10. März 2021 meldet: „Islamistischer Terror vertreibt in Mosambik hunderttausende Menschen“ findet sich in den Länderdaten des Auswärtigen Amtes der Hinweis „Die Gefahr durch Terroranschläge in Mosambik ist in den letzten Jahren als eher unbedeutend einzustufen.“ Am 18. März 2021 beschlagnahmten Ermittler in Quelimane, Mosambik, über 400 Kilogramm Heroin, 180 Kilogramm Marihuana und 5,5 Kilogramm Morphium, die zuvor von einer Dau in eine Privatresidenz gebracht worden waren.

Screenshot: Google Maps

Hans Uwe Mergener