Print Friendly, PDF & Email

Die Geschichte der Konflikte in der Region im Südkaukasus begann bereits kurz nach der Oktoberrevolution 1917. 1918 wurden die Armenische, Aserbaidschanische und die Georgische Republik gegründet, die allerdings keinen dauerhaften Bestand hatten.

1920/1921 folgte die Gründung der Armenischen, Aserbaidschanischen und Georgischen SSR. Nun begann das Ringen um die Region Karabach. Am 4. Juli 1921 wurde durch das Kaukasusbüro des ZK der KPdSU entschieden, die Region Nagorni-Karabach in die armenische SSR zu integrieren. Durch aserbaidschanische Intervention beim ZK in Moskau wurde bereits am 5. Juli, die Entscheidung revidiert und die Region in die Aserbaidschanische SSR integriert. Dies wurde durch die Einrichtung der autonomen Oblast Nagorni-Karabach 1923 final besiegelt. Dieser Zustand hielt bis zum Zusammenbruch der UdSSR Ende der 1980er-Jahre.

Der „Erste Karabach-Krieg“ endete 1994 durch eine (brüchige) Waffenruhe. In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu kleineren bis mittleren Vorfällen und Konflikten, die 2020 zu einem erneuten Krieg führten, an dem auch zahlreiche ausländische Söldner beteiligt waren.

Das Konzept des Environmental Peacebuilding (EP) geht davon aus, dass sich tendenziell einander feindlich gegenüberstehende Nachbarländer über das Schaffen von gemeinsamen Verantwortlichkeiten für eine bestimmte Kultur- und Naturschutzmaßnahme, die im Interesse beider Seiten liegt, im Dialog, Austausch und in der Entwicklung gemeinsamer Strategien zusammenbringen lassen. So wächst die Dialogbereitschaft, sie wird ausgebaut und kann für weitere friedenstiftende Maßnahmen, die Grundlage sein. Die Schaffung grenzüberscheitender Maßnahmen eignet sich dafür besonders. Der Einrichtung von Geoparks kommt eine zentrale Bedeutung zu. Diese haben zur Aufgabe, wertvolles Natur- und Kulturerbe gleichermaßen zu schützen. Sie gehen damit über das Konzept von Naturparks und Naturschutzgebiete hinaus. Häufig ist die Einrichtung von Geoparks dort leichter, wo es bereits Naturschutzgebiet oder Nationalparks gibt.

Im Südkaukasus bietet sich aus Gründen der landschaftlichen und kulturhistorischen Besonderheiten die Einrichtung an, dies gilt sowohl für Georgien, für Armenien und Aserbaidschan. Der neue Gedanke wird von der Bevölkerung, Wissenschaft und Politik begrüßt.

Bei der Entwicklung von Maßnahmen des EP im Südkaukasus muss man realistisch bleiben. Als unrealistisch kann angesichts der jüngsten Konflikte angesehen werden, dass grenzüberscheitende Geoparks jetzt schon zu einer Deeskalation der Konflikte zwischen Armenien und Aserbaidschan führen könnten. Dennoch kann man in jedem der Länder die Geopark-Idee etablieren und zunächst nationale Gründungen vorsehen. Damit wäre ein erster Schritt für eine spätere Maßnahmenausweitung geschaffen. Dies kann insbesondere die Einrichtung von Gebieten der Geoparks in, an oder zusammen mit den Enklaven Nachitschewan und Nagorni-Karabach (Republik Artsakh) bedeuten.

In Georgien, das mit den beiden Staaten grundsätzlich gute Beziehungen pflegt, ist dies sehr viel einfacher. Die Planungen für Geoparks – zunächst noch im nationalen Kontext – erscheinen derzeit in Georgien und Aserbaidschan besonders weit fortgeschritten. In Armenien steckt die Geopark-Ausweisung derzeit noch in den Anfängen. Der georgisch-aserbaidschanische Grenzraum weist eine ganze Reihe von Möglichkeiten für grenzüberscheitendes EP auf. An kaum einer Stelle im Südkaukasus werden die Potentiale so deutliche wie im Grenzgebiet der drei Länder.

Auch wenn das EP ein probates Instrument für die Friedenssicherung bzw. -erhaltung darstellt, wurde dieser im südlichen Kaukasus ohnehin schon schwierige Prozess, insbesondere zwischen den Ländern Armenien und Aserbaidschan. durch die militärische Intervention im Gebiet der „Republik Artsakh“ (Nagorni-Karabach oder Bergkarabach) im Oktober/November 2020 weiter unterminiert, wenn nicht sogar für einen längeren Zeitraum hinausgezögert.

Unter diesen Bedingungen gestalten sich Projekte im Bereich des EP, insbesondere über den Weg des grenzüberschreitenden Geotourismus, als sehr ambitioniert. Langfristig besteht die Chance, Pilotprojekte aufzubauen und über den Geotourismus zur Friedensschaffung und zur permanenten Friedenserhaltung und damit zur Stabilisierung der Region beizutragen. Der Geotourismus kann, richtig eingesetzt, als vornehmlich unpolitisches Medium und ohne ideologische Einfärbung nicht nur eine „Friedenswirkung“ entfalten, sondern auch Menschen grenzüberschreitend verbinden, so z. B. durch die identitätsstiftende Wirkung eines gemeinsamen Lebensraumes.

Die beiden Veranstaltungen waren für alle Beteiligten Premieren, da sie über Zoom durchgeführt wurden. Michael Rodschinka, mehr als 30 Jahre engagierter Sektionsleiter Rhein-Main, übergab diese Sektion an Michael Brauckhoff.

In eigener redaktioneller Verantwortung.

Andreas Dittmann und Sascha Valentin