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Vor 19 Jahren begann mit dem multinationalen Afghanistaneinsatz der größte, komplizierteste, teuerste und bei Weitem opferreichste Kriseneinsatz der (westlichen) Staatengemeinschaft, der NATO und Deutschlands, legitimiert durch den UN-Sicherheitsrat. Ausschlaggebende Ziele waren Bündnissolidarität mit den am 11. September 2001 terroristisch angegriffenen USA, die Verfolgung der Drahtzieher der Terrorangriffe und die Beseitigung des „sicheren Hafens“ internationaler Terrorgruppen in Afghanistan. Nach dem schnellen Sturz des Talibanregimes kam – als strukturelle Terrorprophylaxe – die Förderung verlässlicher Staatlichkeit und Entwicklung in einem Land hinzu das von 23 Kriegs- und Terrorjahren zerrüttet war.

In den Jahren 2015/16 scheiterte der erste Anlauf, den multinationalen Militäreinsatz insgesamt zu Ende zu bringen. Die beratende ISAF-Nachfolgemission „Resolute Support“ musste verlängert und wieder etwas mehr in die Fläche gebracht werden.

Am 29. Februar 2020 vereinbarte die Trump-Administration im Alleingang vertraglich mit den Taliban den Abzug aller internationalen Streitkräfte einschließlich allen nicht-diplomatischen Personals, privater Sicherheitsdienste, Ausbilder und Berater bis zum 30. April 2021, gebunden an die Zusage der Taliban, dass von Afghanistan keine Bedrohung mehr für die USA und ihre Verbündeten ausgehen würde. Angekündigt wurde die Aufnahme inner-afghanischer Friedensverhandlungen für den 10. März. Diese begannen in Doha nach heftigem Gezerre um gegenseitige Gefangenenfreilassungen aber erst am 12. September.

Winfried Nachtwei (Grüne, rechts) zusammen mit den Bundestagsabgeordneten Anita Schäfer (CDU) und Henning Otte (CDU) bei einem seiner zahlreichen Besuche in Afghanistan (Foto: dpa)

Die mangelnde Zugänglichkeit weiter Landesteile, immer weniger Sensoren in der Fläche und die exzessive Geheimhaltung unter der Trump-Administration behindern es gegenwärtig, ein realistisches Lagebild zu erhalten.

Tage nach dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Joe Biden, wenige Wochen vor dem NATO-Verteidigungsministertreffen und keine zweieinhalb Monate vor dem vereinbarten Abzugstermin sind die Ungewissheiten und krassen Risiken für die Perspektiven des NATO-Einsatzes und die Zukunft Afghanistans kaum zu überbieten.

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