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Die Bundeswehr geht beim Testen von Laserwaffen neue Wege. Bisher wurden vor allem leistungsstarke Laser nur unter laborähnlichen Bedingungen getestet. Das Bundesamt für Ausrüstung, Informations­technik und Nutzung der Bundeswehr hat nun den Auftrag erteilt, einen Laserwaffendemonstrators im maritimen Umfeld zu testen. Damit bewegt man sich erstmalig außerhalb einer idealisierten Testumgebung.

Den Auftrag für den Demonstrator hat die Arbeitsgemeinschaft Hochenergie-Laser Marinedemonstrator erhalten, die aus MBDA Deutschland und Rheinmetall Waffe Munition besteht. Der Auftragswert soll im zweistelligen Millionenbereich liegen.

Seit Sommer 2019 bilden Rheinmetall und MBDA Deutschland in der Entwicklung von Hochenergie-Lasereffektoren eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Ziel, gemeinsam einen Laserdemonstrator für den Einsatz in der Deutschen Marine zu bauen, zu integrieren und zu testen. MBDA Deutschland ist dabei für das Tracking, die Bedienkonsole und Anbindung des Laserwaffendemonstrators an das Führungssystem zuständig. Die Laserwaffenstation, das Strahlführungssystem sowie Kühlung und Integration des Laserwaffendemonstrators in den Projektcontainer des Laserquellendemonstrators werden von Rheinmetall verantwortet. Ein Auftrag zur Entwicklung der Laserquelle wurde bereits im letzten Jahr an Rheinmetall erteilt (ESuT berichtete). Das Unternehmen aus Unterlüß hat bereits 2015 auf einem Marineleichtgeschütz (MLG 27) an Bord einer deutschen Marineeinheit eine 10-Kilowatt-Laserwaffe (Hochenergielaser (HEL-Effektor)) installiert, die für das Erfassen und Verfolgen von Zielen eingesetzt wurde. Im Oktober 2016 testete MBDA Deutschland einen Hochenergie-Lasereffektor auf einem Truppenübungsplatz an der deutschen Ostseeküste.

Artist Impression des Demonstrators und seiner möglichen Platzierung an Bord der Fregatte „Sachsen“, Foto: MBDA

Die seegestützte Erprobung eines Laserwaffensystems wurde bereits 2020 erwartet. In einem ersten Schritt sollte „hochpräzise und skalierbare Wirkung gegen agile/signaturarme Ziele im Nah- und Nächstbereich schwimmender Systemträger der Marine – HoWiSM“ in einem Laserwaffensystemdemonstrator auf einer Korvette K130 als Erprobungsträger integriert werden. Die ursprüngliche Planung, auf der  „Oldenburg“ durchzführen, wurde wegen der UNIFIL-Einsätze der Korvetten revidiert, so dass die auf ein Jahr angesetzte Erprobung nun auf der „Sachsen“ erfolgt.

Dabei wird es nicht nur um die klassische Frage der Trefferwirkung oder die Präzision, mit welcher der Demonstrator die Ziele an Land, auf Wasser und in der Luft verfolgen kann, gehen. Die Erprobung soll Erkenntnisse über das Zusammenspiel von Sensoren, Führungs- und Waffeneinsatzsystem und dem Demonstrator liefern. Weiterhin stehen andere Parameter wie Stromversorgung, Kühlung wie auch Wartungs- und Instandhaltungserfordernisse im Lastenheft des Versuchs. Es geht natürlich auch um die mechanische Stabilität der optischen Systeme. Die Marine möchte Rückschlüsse für die Nutzung eines Laserwaffensystems im Hafenschutz ziehen können.

Über die Erprobung hinaus bleibt die Ausrüstung der Korvetten K130 mit einem Laserwaffensystem weiterhin eine Option. Hinsichtlich der Fregatte der Zukunft, F127, werden für den Nah- und Nächstbereichsschutz neben den klassischen Lösungen (Rolling Airframe Missile (RAM) oder Evolved Sea Sparrow Missile (ESSM)) auch Hochenergiewaffen wie ein 100-Kilowatt-Laser betrachtet.

Laserwaffen

Neben der Bekämpfung ‚traditioneller‘ Ziele wie Flugkörper und Artilleriegeschosse werden Laserwaffen als Antwort auf moderne Bedrohungslagen gesehen. So sollen sie einzelne oder Schwärme unbemannter Flugdrohnen bekämpfen. Man verspricht sich hohe Effektivität bei überaus guter Wirtschaftlichkeit, da die Kosten eines Laserschusses geringer sind als die für Artilleriemunition oder Flugkörper. Bereits mit einer Laserleistung von zwanzig Kilowatt lassen sich gute Ergebnisse erzielen. Die US Navy testete im Mai 2020 ein Hochenergielasersystem an Bord von USS „Portland“ (LPD-27) gegen ein unbemanntes Luftziel – hier ein Video der erfolgreichen Erprobung. Es handelte sich dabei um die Weiterentwicklung eines bereits zwischen 2014 und 2017 auf USS „Ponce“ (LPD 15) eingesetzten 30-Kilowatt Lasers (AN/SEQ-3 Laser Weapon System, LaWS). Kürzlich begann Lockheed Martin mit der Installation des ersten 60-kW-Helios-Laser. In der ersten Leistungsstufe, die jetzt an Bord von „USS Preble“ (DDG-88), einem Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse (2. Los), kommen soll, wird ein 60-kW-Laser zur Bekämpfung von Drohnen und kleineren Überwassereinheiten (ESuT berichtete) verwendet. Bei positivem Erprobungsergebnis winken Lockheed Martin Produktionsaufträge für weitere 660 Millionen Euro.

Die Systeme haben eine hohe Präzision, die das Risiko von Kollateralschäden reduziert. Somit sind exakte Interventionen möglich. Es kann zum Beispiel der Antriebs eines sich nähernden Speedboots, dessen Absichten unklar sind, ausgeschaltet werden. Im weiteren Einsatzspektrum, etwa beim Einsatz leistungsfähigerer Systeme gegen Landziele, minimieren sich die Risiken von Kollateralschäden ebenfalls.

Der 2015 verwendete Demonstrator – angebaut an ein MLG 27mm. Foto: Rheinmetall

Über die operativen Vorteile hinaus hat ein Laserwaffensystem auch logistische Vorteile, weil Vorkehrungen für Munitionsbewirtschaftung und -lagerung unnötig werden. Das reduziert dann auch potenzielle Brand- oder Explosionsquellen. Fraglich ist aber, ob auch Raum- und Gewichtsersparnisse erzielt werden können. Die für den Laserbetrieb erforderlichen Energie- und Kühlleistungen müssen vorgehalten werden. In Nachrüstungen, bei denen der erforderliche Energie- und Kühlbedarf nicht im Bordbetrieb aufgebracht werden kann, stellen Energiespeicher eine Lösung dar – allerdings begrenzt auf eine Anzahl von Schüssen. Damit löst sich der Vorteil des ‚unendlichen Magazins‘ durch den zusätzlich benötigten Raumbedarf auf.

Der Vorteil der Laserwaffen ist die höhere Geschwindigkeit im Vergleich zu verschossener Munition sowie die hohe Präzision, mit der auch nur bestimmte Bauteile bei einem Ziel getroffen werden können.

Die europäische Entwicklung von Laserwaffen hinkt den Fortschritten in den Vereinigten Staaten hinterher. Die Royal Navy experimentiert mit „Dragonfire“, einem Demonstrator des Konsortiums MBDA, QinetiQ und Leonardo.

Hans Uwe Mergener