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Als „historisches Ereignis“ feierte US-Präsident Donald Trump mit seinen Gästen ein Abkommen, das sie in seiner Gegenwart vor einem Kreis erlesener Zuschauer im Garten des Weißen Hauses im Washington unterzeichnen: Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Abdullah bin Zayed Al-Nahyan, Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, und Abdullatif al-Zayani, Außenminister von Bahrain. Wichtige andere Staaten sind nicht eingeladen. Aus der EU kommt allein der Botschafter Ungarns.

Die Vereinigen Arabischen Emirate hatten den Anfang gemacht, als sie im August plötzlich erklärten, sie seien bereit, Israel anzuerkennen und normale Beziehungen mit diesem aufzunehmen. Sofort kommt begeisterte Zustimmung aus Washington. Offensichtlich weiß man dort genauer als in Jerusalem, was dies bedeutet. Selbst der Text des Abkommens, über das man sich zwischen Jerusalem und Abu Dhabi geeinigt haben will, scheint in Wa-
shington bekannter zu sein als in den beiden verständigungsbereiten Hauptstädten.

Geheimkontakte seit 20 Jahren

Das soll sich ändern: Eine Delegation aus den USA fliegt nach Israel und dann mit einer israelischen Passagiermaschine und israelischen Teilnehmern weiter in die Vereinigten Arabischen Emirate. Der Empfang dort ist einer wie für alte Freunde, die man lange nicht gesehen hat. Bald weiß die Welt, dass daran sogar etwas ist: Israel und die Emirate unterhalten bereits seit mindestens 20 Jahren inoffizielle Kontakte. Dabei ging es nicht um irgendwelche Kontakte. Man sprach über hochsensitive Themen wie Elektronik, Waffen und einiges andere. Israelische IT-Spezialisten haben die Sicherheitsbehörden der Emirate mit der besten Abhörtechnologie ausgerüstet, die es gegenwärtig auf dem Markt gibt. Mit dieser können nicht nur Smartphones abgehört und gehackt werden, sondern wahrscheinlich auch komplizierte Computeranlagen. Ein Schelm, wer da nur an die Telefonate oppositioneller Emiratis denkt, nicht aber an die Hacking-Attacken im Iran auf der gegenüberliegenden Seite des Persischen Golfes …

Der Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate Abdullah bin Zayed Al-Nahyan, der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, US-Präsident Donald Trump und Abdullatif al-Zayani, der Außenminister von Bahrain unterzeichnen vor dem Weißen Haus ein Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen (Foto: Israel PM Office)

Nicht nur die Emirate haben unvermindert Interesse an solcher Technologie, auch aus Saudi-Arabien ist kurz nach der Unterzeichnung der Abkommen zu hören, dass man sich auch dort derselben Technologie aus Israel bedient. Saudi-Arabien steht offenbar auf der Liste der Staaten, die nun bald den Emiraten und Bahrain folgen werden. Das glaubt zumindest Donald Trump, der „fünf bis sechs Staaten“ im Auge hat, die ihre Beziehungen zu Israel auch noch formalisieren könnten. Dazu dürften Oman, der Sudan, eben Saudi-Arabien und vielleicht die von den Saudis unterstützte Regierung im Jemen gehören. Weiter entfernt kämen eventuell Marokko, Tunesien und Algerien infrage. Allein schon die Staaten auf der Arabischen Halbinsel wären ein Beweis dafür, dass es nicht allein um bessere Handelsmöglichkeiten und bessere Verdienstmöglichkeiten geht. Ein israelischer IT-Vertreter sagt offen, dass man in diesen Ländern ein Vielfaches des anderswo üblichen Preises verlangen kann– und auch bekommt. Dies sind nicht aktuelle Erkenntnisse, dies ist Langzeit-Wissen. Vor Jahren fragte der Autor dieser Zeilen im saudischen Dschidda einen reichen Geschäftsmann, ob er sich eines Tages Frieden mit Israel vorstellen könne: Er zog lachend sein Notizbuch aus der Jackentasche: „Hier drin sind eine ganze Reihe von Firmen in Tel-Aviv, mit denen ich dann offen Geschäfte machen kann.“

Friedensschluss?

Trump feiert die Abkommen trotz alledem als „Friedensschluss“. Dabei wird dies durch sein Vorgehen eher widerlegt oder infrage gestellt: Fast gleichzeitig mit der Ankündigung der Emirate ließ Washington nämlich wissen, dass es Abu Dhabi mit hochmodernen F-35-Kampfflugzeugen zu beliefern gedenke. Bisher hatte Washington immer die ungeschriebene Regel befolgt, dass nur Israel im Nahen Osten mit den modernsten US-Waffen beliefert wird. In Israel hatte man Netanjahu darauf angesprochen. Er dementierte einfach, dass er einem solchen Geschäft zugestimmt habe.

US-Wahlkampf im Nahen Osten

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Unterzeichnung des „Oslo-Abkommens” am 13. September 1993 im Weißen Haus in Washington. Im Bild v. l.: Israels Premier Jitzchak Rabin, US-Präsident Bill Clinton, PLO-Chef Jassir Arafat (Foto: IDF)

Der Verdacht liegt auch nahe, dass Trump vor den Präsidentschaftswahlen in den USA noch schnell zeigen will, wie talentiert er die Front gegenüber dem Iran auf der Arabischen Halbinsel ausbaut, gleichzeitig Waffengeschäfte tätigt und Israel zu neuen Einnahmequellen verhilft – vom „Frieden“ ganz zu schweigen. Wer immer daran glaubt.

In Israel jedenfalls löste das amerikanische Vorgehen auch eine Diskussion darüber aus, was denn der Preis für diesen „Frieden“ sei, den Israel sich da einhandle. In der Geschichte der letzten Jahrzehnte hieß der Preis meist „Land“, „palästinensischer Staat“ oder „palästinensische Rechte“. In Netanjahus Likud wird dementiert, dass solches heute in irgendeiner Weise zutreffe. Die Devise heiße „Frieden für Frieden“. Ein Slogan, den einst der rechtskonservative Premier Shamir erfunden hatte – der aber auch damals nicht zutraf.

Israel hat sehr wohl Konzessionen und Abstriche von vorher vertretenen Positionen gemacht, wenn anders kein Vertrag zu erreichen war. So hat es Ägypten die Sinai-Halbinsel zurückgegeben, um das Camp-David-Abkommen zu erreichen. Es hat kleinere und zum Teil auch zeitlich begrenzte Grenzänderungen für den Frieden mit Jordanien gemacht. Es hat viele Zusagen im sogenannte Oslo-Abkommen gemacht, die dann freilich von Netanjahu sabotiert und torpediert wurden, sobald dieser im Amt war. Zumindest offizielle Israelis scheinen den Ablauf der Bemühungen um Frieden vergessen oder verdrängt zu haben.

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