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Den Vereinten Nationen ergeht es im 75. Lebensjahr wie vielen Alten – sie sind ins Abseits geraten. Ist das „nur“ ein Generationenkonflikt oder steckt mehr dahinter, womöglich gar Absicht?

Einer ihrer populärsten Generalsekretäre, Kofi Annan, hat die wohl simpelste und zugleich umfassendste Erklärung für die gesammelten Unzulänglichkeiten der Weltorganisationen oft wiederholt: Die UNO sei nur so stark wie ihre Mitglieder sie sein ließen. Gleichwohl sagen die meisten – Freunde wie Skeptiker der UNO: Gäbe es sie nicht, müsste sie geschaffen werden. Derlei Resümees reichen für Überschriften und Zwischenzeilen, greifen allerdings viel zu kurz. Sie lassen sich allenfalls noch von der etwas abgegriffenen Metapher ergänzen: Das Glas ist halb leer oder eben halb voll.

1945 waren die Vereinten Nationen als Vorsorgemaßnahme gedacht. Nach zwei verheerenden Weltkriegen verpflichteten sich zunächst 51 Gründungsmitglieder zum Frieden und ließen am 24. Oktober die UN-Charta in Kraft treten. Ihren hauptsächlich drei Zielen verschreiben sich bis zur Stunde 193 Mitgliedsstaaten: Frieden sichern, Menschenrechte durchsetzen, nachhaltig entwickeln.

Die erste Sitzung der Kommission II der Generalversammlung wurde am 30. Mai 1945 von Präsident Feldmarschall Smuts (Südafrikanische Union) im Auditorium des Opernhauses von San Franciso geleitet (Fotos: UN)

Was davon wo geradezu stündlich auf der Strecke bleibt, ist keineswegs Ansichtssache, sondern definierbar und allzu oft eine wissentliche Zuwiderhandlung gegen die Charta. Aber auch der Spruch „Wo kein Kläger, da kein Richter“ ist kein Freibrief für Tatenlosigkeit, denn Kritik an der „ohnmächtigen“ Staatengemeinschaft am New Yorker East River gibt es genug. Erst recht an der Zuschauerrolle des Sicherheitsrats als dem mächtigsten UNO-Gremium in zahlreichen neuen Kriegen, Massakern und sogar Völkermorden wie Anfang 1994 in Ruanda, 1995 in Srebenica, 2003 im auf Lügen aufgebauten und von den USA initiierten Krieg gegen den Irak, seit neun Jahren in Syrien und jüngeren Datums gegenüber den Rohingya in Myanmar. „Die UN-Gremien blockieren sich selbst und gegenseitig. Handeln oder gar ein Eingreifen wird unmöglich“, klagt die deutsche Gesellschaft für bedrohte Völker.

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