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Das Waffensystem Eurofighter ist der wesentliche Fähigkeitsträger der Luftwaffe im Bereich luftgestützte Luftverteidigung und Angriffsfähigkeit. Im Rahmen der notwendigen Fähigkeitserweiterung des Eurofighters hat der Deutsche Bundestag am 17. Juni 2020 die Einrüstung eines hochmodernen AESA-Radarsystems für die deutschen Eurofighter-Kampfflugzeuge genehmigt.

Um den dringend erforderlichen Fähigkeitsaufwuchs für die deutsche Eurofighter-Flotte im Bereich Sensorik zu realisieren, wurde HENSOLDT nun als verantwortlicher Entwickler und Produzent des Radarsystems beauftragt. Die Einrüstung in die deutsche Flotte erfolgt bei Airbus Defence and Space.

Basis für die nun beschlossene Entwicklung zum ECRS (= Eurofighter Common Radar System) Mk1 ist das sich derzeit in Produktion und Auslieferung nach Kuwait befindliche CAPTOR-E Mk0 Radarsystem des Euroradar-Konsortiums. Während dieses bereits ebenfalls über elektronische Strahlschwenkung und damit gegenüber dem mechanisch geschwenkten Vorgänger CAPTOR-M über überlegene Detektions- und Verfolgungsfähigkeiten verfügt, wird das ECRS Mk1 nochmals erheblich gesteigerte Aufklärungs- und Feuerleitfähigkeiten erhalten. Als nationale Schlüsseltechnologie und zentraler Sensor des Eurofighter ist das neue Radar damit von besonderer Bedeutung.

Sämtliche Eurofighter der deutschen Luftwaffe sollen voraussichtlich ab 2023 im Rahmen eines Nachrüstprogrammes und im Zuge geplanter Wartungsmaßnahmen das in Deutschland entwickelte und gebaute Radar (entweder in der Mk0- oder Mk1-Version) erhalten. Das Programm findet in enger Zusammenarbeit mit Spanien statt, auch dort soll die Eurofighter-Flotte entsprechend umgerüstet und modernisiert werden.

Um die deutschen Eurofighter schon möglichst früh mit den operationell dringend notwendigen sogenannten E-Scan Fähigkeiten (E-Scan = elektronische Strahlschwenkung) auszustatten, wird im Rahmen des „Early Embodyment“ ab voraussichtlich 2023 mit der Lieferung von Mk0 Radaren begonnen. Diese Mk0 Radare werden später im Rahmen geplanter Wartungsmaßnahmen auf Mk1-Standard aufgerüstet.

Das neue ECRS Mk1-Radarsystem greift neben dem AESA-Design auf modernste Technologien zurück. Hierzu zählen ein mit aktueller Hardware neu entwickelter Multikanal-Empfänger, sowie besonders leistungsfähige X-Band Sende-/Empfangs-Module (TRM) mit einem erweiterten Frequenzbereich und höherer Bandbreite. Software und Firmware werden ebenfalls umfassend überarbeitet und erweitert, sowohl zur Verbesserung der Performance als auch zur Integration neuer Funktionalitäten.

Im Endausbau soll das Mk1-Radar damit umfangreiche operative Funktionserweiterungen bieten, darunter das ultra-hochauflösende bildgebende SAR (UHR-SAR), sowie Zielerkennung durch STAP-Prozessierung. Die Fähigkeit zur zusätzlichen mechanischen Ausrichtung der Antenne über einen sogenannten „Repositioner“ verleiht dem Radar darüber hinaus ein extrem großes Sichtfeld (Wide Field of Regard) im Vergleich zu herkömmlichen feststehenden AESA-Antennen. Dabei soll das Mk1 den gleichen Bauraum beanspruchen wie das bisherige CAPTOR-E Mk0 und damit eine ausgezeichnete Retrofit-Möglichkeit für bestehende Flotten mit weitreichendem Wachstumspotential bieten.

Die Entwicklung des Radars Mk1 ist eine zentrale nationale Schlüsseltechnologie im Bereich der Sensorik und stärkt Deutschlands Rolle im Eurofighter-Konsortium. Dabei übernimmt HENSOLDT erstmals mit der neuen Radarentwicklung und -produktion die Führung im europäischen Konsortium. Sowohl die Technologie als auch das erworbene Know-how der nationalen Industrie mit mehr als einem halben Dutzend beteiligter Unternehmen werden damit zum Fähigkeitsaufwuchs der deutschen und internationalen Eurofighter-Flotte beitragen und wichtige Grundlagen für die künftige deutsche Beteiligung an Zukunftsprojekten wie FCAS legen. Insbesondere im Bereich der Softwareanpassungen für den Fähigkeitsaufwuchs können mit der Radarentwicklung operationelle Forderungen eigenständig berücksichtigt und realisiert werden. Ein deutsches Unternehmen führt hier zum unmittelbaren Nutzen der Bundeswehr die Airborne Radar-Entwicklung an. Die enge Zusammenarbeit mit Indra (Spanien) soll dabei eine effiziente Arbeitsteilung und effektiven Wissensaustausch gewährleisten und so wesentlich zum Erfolg des Gesamtprograms beitragen.

Mit dem neuen Radar wird dem Eurofighter künftig ein Hauptsensor der technologischen Spitzenklasse zur Verfügung gestellt, um die Überlebensfähigkeit der Plattform auch in hochintensiven Konflikten zu verbessern. Deutsche Schlüsseltechnologie macht den Eurofighter der Luftwaffe damit bereits startklar für die Herausforderungen des nächsten Jahrzehnts.

HENSOLDT ist ein plattformunabhängiger Anbieter von elektronischen Sensorlösungen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich. Das Unternehmen besitzt modernste Produktions- und Testfähigkeiten an seinen deutschen Standorten, welche speziell auf hochleistungsfähige luftgestützte Radarsysteme wie das Eurofighter-Radar ausgerichtet sind. Hierzu zählt insbesondere auch eine der größten europäischen Reinraum-Produktionsstätten für hochkomplexe RF-Komponenten am Standort Ulm. Dies erlaubt die Lieferung leistungsfähiger Produkte „Made in Germany“ an nationale und internationale Kunden.

Der Serienhochlauf des CAPTOR-E Mk0 ist bereits erfolgt und das Material für die aktuell benötigten Einheiten ist bei Zulieferern beschafft. Die Erstauslieferung serienreifer Exemplare für Flugkampagnen erfolgte planmäßig 2018; 2019 begann dann die Auslieferung der Serienmodelle für Kuwait.

HENSOLDT stellt seine langjährige Erfahrung aus der Entwicklung des europäischen Eurofighter-Radars in den Dienst der Nutzer-Nationen. Somit kann HENSOLDT auf durchgehend vorhandenes Expertenwissen zurückgreifen und ist damit für die Übernahme der Entwicklungsverantwortung im Rahmen des Mk1-Programmes – auch hinsichtlich der Lieferung von essentiellen Kernkomponenten wie der Sende-/Empfangs-Module und des Multikanal-Empfängers – optimal vorbereitet.

Erwin Paulus ist Mitglied des Executive Committee und Leiter Radar/IFF HENSOLDT.