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Die US-Streitkräfte kaufen für 265 Millionen Dollar neun CH-47G Block II Chinook Hubschrauber in der Konfiguration Special Operation Forces (SOF). Ursprünglich wollte die U.S. Army auch 473 Hubschrauber des Typs CH-47F Block II beschaffen, aber das Heer beschloss in seinem Haushaltsantrag für das Haushaltsjahr 2020, sie nicht zu kaufen und nur die neueste Variante für Spezialoperationen einzusetzen. Anstelle der CH-47 will die U.S. Army die Geldmittel lieber in zwei andere Hubschrauberprojekte investieren. Gegenwind bei diesem Vorhaben kommt jedoch vom US-Kongress, der diese Planung nicht gebilligt hat und lieber an der Beschaffung der CH-47 festhalten will.

Der Hersteller Boeing hat nun insgesamt drei Verträge für den Bau von 24 neuen MH-47G SOF. Es wird erwartet, dass sich diese Zahl bis auf 69 Stück erhöht. Die ersten Maschinen sollen ab 2023 zulaufen.

 

CH-47 Block II

Bei Block II handelt sich um eine Produktverbesserung der CH-47. Diese soll unter anderem neue Rotorblätter, verbesserte Getriebe, nichtsegmentierte Tanks sowie eine Erhöhung der Nutzlast (ca. 1,8 t) und Reichweite beinhalten. Der Erstflug des CH-47 Chinook Block II mit den neuen Advanced Chinook Rotor Blade (ACRB) hat nach Angaben von Boeing im Januar stattgefunden. Im März 2019 wurde bereits der Erstflug des CH-47 Block II – damals noch mit den Standard-Rotorblättern – durchgeführt. Nach dem jüngsten Test wurde nur bekannt, dass die neuen Rotorblätter dem Hubschrauber einen zusätzlichen Auftrieb von 771 kg verleihen. Bei der ursprünglichen Planung war man von 680 kg (bei 4.000 Fuß und 35°C im Schwebeflug) ausgegangen.

Neben den neuen Rotorblättern mit einem neuen asymmetrischen Tragflächenprofil enthält Block II ein neues Antriebssystem, um den höheren Drehmomenten gerecht zu werden. Hinzu kommen als Neuerungen u.a. ein Ein-Segment-Kraftstofftank auf jeder Seite (bisher drei Tanks), elektrische Systemverbesserungen sowie Verbesserungen z.B. an der Zelle, um das Luftfahrzeug leichter zu machen.

Die Chinook ist in Deutschland einer von zwei Kandidaten für die Beschaffung des Schweren Transporthubschrauber (STH). Boeing hatte angekündigt, dass alle für Deutschland geplanten Maschinen die bis dahin verfügbaren Block II Anteile beinhalten würden. Deutschland will einen Multifunktions-Hubschrauber beschaffen, der neben Transportaufgaben eben auch für SOF-Missionen, Combat Search and Rescue (C-SAR) und weitere Aufgaben eingesetzt werden kann. Deutschland plant, bis zu 60 Maschinen zu beschaffen.

 

SOF Chinook

In vielen Nationen ist die Boeing CH-47 Chinook das Arbeitspferd und Rückgrat, um die Spezialkräfte in Einsatzgebiete zu bringen. Weltweit fliegen mehr als 1.500 CH-47 in über 20 Ländern. Dazu gehören unter anderem die USA, Großbritannien, Kanada, Australien, Niederlande, Spanien, Italien, Griechenland, Süd-Korea, die Vereinigten Arabischen Emirate, Japan, Thailand, die Türkei, Indien sowie Ägypten.

Die CH-47 Chinook Maschinen für den Bereich der Spezialkräfte sind besser ausgestattet als der Standard. So umfassen sie zum Beispiel verbesserte Selbstschutzsysteme (z.B. Electronic Warfare Self Protection), zusätzliche Funkgeräte inklusive Satellitenkommunikation und sicherer Echtzeit-Videoübertragung, leichten adaptiven ballistischen Schutz, größere Tanks für erhöhte Reichweite, eine Luftbetankungsmöglichkeit sowie Mehrmodus-Radare. Durch die USA in Kampfzonen eingesetzte CH-47 werden mit dem Advanced Threat InfraRed Counter Measures (ATIRCM)-System ausgerüstet. ATIRCM ortet anfliegende Lenkwaffen per Infrarotsensoren und stört das Zielerfassungssystem der feindlichen Raketen mit einem Laserstrahl. Düppel- und Infrarottäuschkörperwerfer gehören zur serienmäßigen Eigenschutzausstattung. Die Spezialkräfteausführung der F-Variante trägt in den USA die Bezeichnung MH-47G.

blankHinzu kommen Ausstattungen wie ein verdeckter Abgasbereich, um die Infrarotsignatur der Triebwerke zu minimieren, eine spezielle Avionik zur Unterstützung des Tief- oder Nacht-Fluges, SIRFC-Flugzeug-Überlebensausrüstung, eine Bodenluke mit Abseilvorrichtung (Fast-Roping), eine Winde an der vorderen Tür, ein Forward and Rear Air Transportability Kit und vieles mehr. Dank des Tandem-Rotors kann sich die CH-47 praktisch bis zur Hälfte der Kabinenhöhe ins Wasser „legen“, um so Schlauchboote aufzunehmen.

Viele Hubschrauber für Spezialkräfte verfügen zudem über Ausstattungen wie Directed Infrared Counter Measures (DIRCM), Radar Warning Receiver (RWR), MAWS (Missile Warning System – UV basiert) oder akustische Detektoren für Beschuss. Hinzu kommen intelligente Sensoren wie Piloting FLIR und/oder EO/IR, Laser Obstacle Avoidance (wie in HH101) oder Bewaffnungen – hier vor allem Dillon Aero M134 sowie MGs von 7,62 mm bis .50 mm.

Die im Rahmen des Projektes Schwerer Transporthubschrauber angebotene Version hat eine Reichweite von mehr als 1.000 km und eine maximale Flughöhe von 6.100 Metern. Sie ist mit einem Luftbetankungssystem ausgestattet und entspricht weitestgehend der kanadischen CH-147F Variante.

 

KSK favorisiert Chinook

Aus dem Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr wird als Nachfolger für die CH-53G die CH-47 Chinook favorisiert. Die Kritik am Konkurrenzmodell: Die drei Triebwerke sind so stark, dass Fast-Roping nicht möglich sei. Der Downwash ist zu groß. Auch wäre eine Landung in den kleinen typischen afghanischen Dörfern unmöglich, denn nach der Landung würde keine der landestypischen Lehmhütten mehr stehen. Auch die Erfahrung der deutschen Spezialkräfte bei Übungen und Einsätzen mit der CH-47 Chinook von Verbündeten spielt hier sicherlich eine Rolle.

Der Vollständigkeit halber muss gesagt werden, dass die Sikorsky CH-53K ebenfalls mit der Hardware für Fast-Roping ausgestattet ist. Es wird erwartet, dass die CH-53K im Rahmen des Erprobungs-Programms in Zukunft auch dafür durch das U.S. Marine Corps noch zertifiziert wird. Sikorsky geht davon aus, dass der Fast-Rope-Betrieb sehr ähnlich, wenn nicht gar identisch mit dem aus der CH-53E sein wird und es zu keinerlei Einschränkungen kommt. Im Gegensatz zu älteren Hubschraubern (CH-53G), bei denen die Fast-Rope-Funktionalität als missionsabhängiger Rüstsatz erst eingerüstet werden muss (Fast-Rope-Gestell/Fast-Rope-Rahmen/etc.), sind die Anschlagspunkte für dieses System und dieses Einsatzverfahren schon in der Luftfahrzeugzelle der CH-53K fest integriert. Insgesamt gibt es drei Anschlagpunkte – zwei an der Heckrampe, einen an der vorderen Tür, ein vierter kann bei Bedarf über der Zentralluke im Laderaum installiert werden.

André Forkert