Print Friendly, PDF & Email

Es ist hart, aber auch nötig! Die Eingriffe, die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer beim Kommando Spezialkräfte vorgenommen hat, folgen dem Prinzip Peitsche und Zuckerbrot. Es werden die Strukturen zerschlagen, bei denen rechtsextreme Vorfälle keine Einzelfälle mehr waren, wo sich offenkundig rechte Gesinnungstäter nachhaltig eingenistet haben. Gleichzeitig hat die Führung des KSK die Chance, mit der großen Mehrheit politisch wie militärisch zuverlässiger Soldaten das Kommando wieder auf Kurs zu bringen. Diese zuverlässigen Soldaten haben diese Chance verdient.

Das KSK ist ein wichtiger Bestandteil der Bundeswehr. Es erfreut sich großer Anerkennung im Bündnis. Bei vielen sehr heiklen und gefährlichen Einsätzen hat es hervorragende Leistungen erbracht. Legendär sind die erfolgreichen Einsätze bei den Aufgriffen der Kriegsverbrecher im ehemaligen Jugoslawien, aber auch in Afghanistan.

Manches, was jetzt versucht wird, ist eine Gratwanderung. Spezialkräfte müssen besonders gut und hart ausgebildet werden. Das kann zwar unter der formalen Aufsicht des Heeres geschehen, de Facto sind das aber Sonderlehrgänge, die das KSK durchführen muss. Auch der stärkere Austausch mit anderen Verbänden ist aus diesem Grund schwierig. Wenn nun geprüft wird, ob ein stärkerer Austausch mit anderen Spezialkräften möglich ist, ist dies ein vielleicht gangbarer Weg, um eine Bunkermentalität zu verhindern. Wenn die KSK-Soldaten zu lange in der Truppe in Calw zusammenarbeiten, können diejenigen, die dort rechtem Gedankengut anhängen das viel leichter verbreiten. Da entsteht aus Kameradschaft leicht falsche Kumpanei. Aber es ist eben schwierig, dies ohne militärische Qualitätseinbußen zu organisieren.

Was jetzt praktiziert wird, ist richtig: Auch die Standfestigkeit auf dem Boden des Grundgesetztes ist ein Qualitätsmerkmal, das das KSK beachten muss. Da muss nun noch einiges an zusätzlicher Ausbildung geleistet werden. Gerade die Führungskräfte des KSK müssen jährlich politische Bildung am Zentrum Innere Führung „tanken“. Denn dass solche Eliteverbände rechtsextreme Gesinnungen anziehen, ist eine Binsenweisheit.

Der massive Eingriff war nötig, weil bei den Vorgesetzten ab den Kompaniechefs die Vorstellung fehlte, dass die rechtsextreme Gesinnung so weit und so tief verbreitet war. Die Extremisten hatten auch eine kriminelle Raffinesse, um ihre Vorgesetzten zu täuschen. Das wollte man auch an höheren Stellen lange nicht glauben.

Der Weg, der in Calw jetzt gegangen wird, ist gut, weil er an die Eigenverantwortlichkeit der Soldaten appelliert. Da kann sich das KSK am eigenen Schopf aus dem rechten Sumpf ziehen – mit Unterstützung von außen und oben.

Für die Bundeswehr insgesamt sind die Calwer Vorgänge gravierend. Es ist in den letzten Jahren gelungen, Mechanismen zu schaffen, die es Rechtsextremen schwieriger machen, in die Bundeswehr zu gelangen. Da werden Abfragen beim Verfassungsschutz vor dem Eintritt in die Bundeswehr durchgeführt. Da hat der Militärische Abschirmdienst umfangreiches Material für die Information der Truppe erarbeitet und bereitgestellt. Da arbeitet das Zentrum Innere Führung an der Bildung und Ausbildung der Soldaten mit. Wer durch die Bundeswehr reist, trifft überall auf eine Truppe, die sensibel auf extreme Kameraden reagiert. Die Truppe ist wach. Deswegen sind solche Nester wie in Calw so erschreckend: Sie stellen die Frage, warum gerade dort dieses Abwehrnetz so löcherig ist. Das muss noch aufgeklärt werden. Die heutigen Maßnahmen sind ein erster Schritt, ein wichtiger erster Schritt.

Rolf Clement

Chefredakteur