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Das taktische Luftverteidigungssystem (TLVS), für das die Bundeswehr derzeit in Verhandlungen mit der TLVS GmbH über einen Beschaffungsvertrag steht, soll neben einem Weitbereichssensor zur Luftraumüberwachung und einem Feuerleitradar einen Mittelbereichssensor erhalten, der sowohl für die Luftraumüberwachung als auch zur Feuerleitung, insbesondere in Verbindung mit dem Sekundärflugkörper IRIS-T SL vorgesehen ist.

Thales Deutschland hat nun nach eigenen Angaben der TLVS GmbH das Radarsystem Ground Master 200 Multi Mission Compact (GM200 MM/C) als Mittelbereichssensor angeboten. Das S-Band-Radar ist in der modernen AESA-Technologie (Active Electronically Scanned Array) mit Galliumnitrid-Elementen ausgeführt. Dies erlaubt rotierende und stationäre Betriebsarten mit hoher Flexibilität und Datenwiederholraten bis unter einer Sekunde. Die Reichweite zum Entdecken kleiner Luftziele beträgt mehr als130 Kilometer, die instrumentierte Reichweite beträgt bis zu 400 Kilometer.

Das Design des GM200 MM/C spiegelt die Systemanforderungen von TLVS/ MEADS in Bezug auf Einsatz, Vernetzung („plug-and-fight“), Transport und Mobilität wider.

Die Palette mit dem GM200 MM/C, Stromgenerator und Kühlung stellt ein autonomes System dar und kann auch ohne Fahrzeug betrieben werden. Wegen kompakter Bauweise und geringen Gewichts kann das System auf Lkw oder als Luftfracht transportiert werden.

Wegen der elektronisch stabilisierten Antenne kann das System nach dem Transport am Einsatzort schnell in Betrieb genommen werden. Bei der Außerbetriebnahme wird die geforderte Zeit von fünf Minuten deutlich unterschritten, weil z.B. keine hydraulischen Stützen eingefahren werden müssen. Damit wird eine – eventuell taktisch notwendige – schnelle Räumung der Stellung möglich.

Das GM200 MM/C gehört zur S-Band-Radarplattformfamilie von Thales. Der modulare Aufbau, die Nutzung der AESA-Technologie und die Digitalisierung des voll programmierbaren Radars eröffnen ein erhebliches Wachstumspotential.

Ein erster Prototyp des GM200 MM/C steht seit 2016 für Erprobungszwecke zur Verfügung. Im November 2019 haben die Niederlande einen Serienvertrag über neun Geräte für die bodengebundene Luftverteidigung abgeschlossen. Die Serienproduktion hat begonnen.

Neben der Nutzung bei TLVS ist das GM200 MM/C für weitere Anwendungen der Luftwaffe geeignet. Es kann als Überwachungsradar für den Nah- und Nächstbereichsschutz (NNbS) und für das Nächstbereichsschutzsystem MANTIS (Modular, Automatic and Network capable Targeting and Interception System). Nach Angaben von Thales könnte das GM200 auf geschützte Fahrzeuge wie Dingo oder Boxer integriert werden. Darüber hinaus ist es mit C-130J luftverlastbar.

Nicht zuletzt wäre die Ausrüstung mit GM200 ein weiterer Schritt für die deutsch-niederländische Zusammenarbeit.

Gerhard Heiming