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Das vier Korvetten umfassende Tamandaré-Programm der brasilianischen Marine geht an die thyssenkrupp Marine Systems. Am 5. März erfolgte die Unterschrift zwischen Emgepron und dem Konsortium Águas Azuisin Rio de Janeiro. Emgepron (Empresa Gerencial de Projetos Navais) ist ein staatliches Unternehmen, das über das Marinekommando dem brasilianischen Verteidigungsministerium zuarbeitet. Managementdienstleistungen bei der Entwicklung, Konstruktion und der Wartung von Marineeinheiten und -gerät gehören zum Portefeuille. Das Unternehmen war vom Verteidigungsministerium mit der Vertragsgestaltung beauftragt worden. Águas Azuis ist ein Gemeinschaftsunternehmen von thyssenkrupp Marine Systems, Embraer Defense & Security und Atech.

Bereits am 27. März 2019 erfolgte die Bekanntgabe, dass das Konsortium Águas Azuis als bevorzugter Bieter ausgewählt sei (ESuT berichtete). Das brasilianisch-deutsche Konsortium mit Embraer Defense & Security, Atech und tkMS, die auch ihre deutsche Tochter ATLAS Elektronik beteiligen wird, hatte sich gegen die niederländische Damen, die italienische Fincantieri und die französische Naval Group durchsetzen können. Estaleiro Aliança SA und L3 MAPPS sind weitere Subunternehmer.

Die Vertragsunterzeichnung sollte bereits früher erfolgen. Es galt innenpolitische Hürden zu überwinden. So musste eine Petition einer Gewerkschaft, die die Interessen von Arbeitnehmern im Nordosten Brasiliens, die sich bei der ausgehandelten Arbeitsverteilung benachteiligt fühlten, geltend machte, abgewettert werden. Das Vergabeverfahren war ebenfalls Gegenstand von Prüfungen. Und, natürlich, obendrein verzögerte sich die Finanzierung. Am 13. Dezember 2019 wurde per Dekret von Präsident Jair Bolsonaro eine Kreditaufnahme für das etwa 9 Milliarden Real (ca. 1,79 Milliarden Euro) (brasilianische Angaben) schwere Projekt ermöglicht.

In die Auftragsvergabe ist auch das Lebenszyklusmanagement, sozusagen der After-Sales-Service eingeschlossen. Die brasilianische Marine verspricht sich davon eine höhere Verfügbarkeit der Einheiten.

Die Auslieferung der Schiffe soll ab 2024 bis 2028 erfolgen (wobei es zwischen den Angaben von tkMS und der brasilianischen Marine eine Diskrepanz von einem Jahr gibt: bei tkMS wird 2025 als erster Auslieferungstermin angegeben). Dies könnte den unterschiedlichen Auffassungen zwischen Auslieferung und Indienststellung geschuldet sein). Der Bau soll zwölf Monate nach Vertragsunterzeichnung beginnen – erwartet werden kann somit März 2021.

Tamandaré beruht auf dem Konzept der MEKO®- Klasse von thyssenkrupp Marine Systems. (Graphik: tkMS)

Die Schiffe werden, so ist einer Pressemitteilung von tkMS zu entnehmen, zu 100 Prozent lokal in Itajaí (Bauwerft ist die dortige Oceana), im Bundesstaat Santa Catarina, Brasilien, gebaut. Der lokale Anteil soll über 30 Prozent für das erste Schiff und 40% für die weiteren Schiffe betragen (brasilianische Quellen beziffern 31,6 Prozent : 41 Prozent).

Zusätzlich zum Bau in Itajaí umfasse der Vertrag, so tkMS, einen Technologietransfer im Bereich der Schiffstechnik, der Kampf- und Plattformverwaltungssysteme sowie Unterstützung bei der Logistik und dem Lebenszyklusmanagement von Schiffen. Brasilianische Stellen schätzen, dass 1.000 direkte und 4.000 indirekte Arbeitsplätze geschaffen werden. Man erhofft sich die Kreation eines dualen Marineclusters (militärisch und zivil) in Itajaí.

Die Korvetten dienen später Überwachungsaufgaben sowie Such- und Rettungsmaßnahmen in der ausschließlichen Wirtschaftszone Brasiliens, die weit in den Atlantik reicht (4,5 Millionen Quadratkilometer).

(Graphik: Marinha do Brasil)

Bei einer Länge von 107,2 Metern, 15,95 Metern Breite, 5,2 Meter Tiefgang verdrängen die Korvetten 3.455 Tonnen. Antrieb: vier MAN 12V 28/33D STC Dieselmotoren mit je sechs MW Leistung. Die Marschgeschwindigkeit ist mit 14 Knoten (26 km/h) angegeben. Vier Dieselgeneratoren Caterpillar C32 (je ein MW) liefern die elektrische Leistung.

(Graphik: Marinha do Brasil)

Die Sensorausstattung umfasst u.a. das Artisan 3D-Radar von BAE Systems, ein Oberflächenradar (S-Band) und ein Navigationsradar (x-Band) von Raytheon, das Feuerleitradar STIR 1.2 EO Mk2 von Thales, das elektro-optische Sicht- und Feuerleitsystem Paseo XLR von Safran und das Rumpfsonar ASO 713 von ATLAS Elektronik.

Die Bewaffnung ist ein Mix aus Kanonen und Flugkörpern. Artillerie: 76/62 mm von Leonardo und 40 Mk 4 von Bofors. Flugkörper: Exocet MM40 B1/B3 und Sea Ceptor (CAMM) von MBDA Systems. Torpedowerfer TLS-TT von SEA und die ferngesteuerte Waffenstation Sea DeFnder mit schwerem Maschinengewehr 12,7 mm für die Nahbereichsabwehr von FN Herstal. Täuschkörpersystem C-Guard von Terma.

Tamandaré beruht auf dem Konzept der MEKO®- Klasse von thyssenkrupp Marine Systems. Seit 1982 sind 82 Korvetten und Fregatten der MEKO Klasse an Marinen aus 15 verschiedenen Nationen geliefert worden (Angaben von tkMS). Eine große Anzahl der MEKO wurden außerhalb Deutschlands gebaut.

Hans Uwe Mergener