Die EU-Außenminister, die am Freitag (6. März) in Kroatien zu einer zusammenkamen, erteilen bei Wahrung aller diplomatischer Form eine Abmahnung an Ankara, Moskau und Damaskus. Es gilt zwischen den Zeilen zu lesen …
In der Erklärung (hier Originaltext) wird von der Türkei die Einhaltung des Abkommens von 2016 erwartet – und einen zusätzlichen Beitrag. Auf der anderen Seite wird eine von den Deutschen beantragte Schutzzone oder die von den Niederlanden beantragte Flugverbotszone erst gar nicht erwähnt.
Die 27 Minister äußern angesichts der 3,7 Millionen Migranten und Flüchtlingen ihre „tiefe Besorgnis über die Lage an der griechisch-türkischen Grenze“. Sie kritisieren heftig (‚strongly rejets‘), dass die entstandene Lage durch die Türkei für (deren) politische Zwecke genutzt wird. Diese Situation an den Außengrenzen der EU sei nicht akzeptabel. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten „bleiben entschlossen, die Außengrenzen der EU wirksam zu schützen“. Illegale Überfahrten werden nicht toleriert. Die EU bekräftigt die uneingeschränkte Solidarität mit Griechenland, Bulgarien und Zypern, den am stärksten von der Krise betroffenen Ländern. Damit äußern sich die Außenminister ganz wie die Innenminister der EU am vergangenen Mittwoch (4. März).
Nachdem die vor vier Jahren versprochenen sechs Milliarden Dollar mittlerweile aufgebraucht sind, mobilisiert die EU-Kommission weitere 60 Millionen Euro für weitere humanitäre Hilfe für den Nordwesten Syriens, auch in Grenzgebieten. Darüber hinaus verpflichtet sich die EU, die Hilfe für die Zivilbevölkerung im Nordwesten Syriens zu erhöhen.
Ohne das am Donnerstag (5. März) in Moskau zwischen der Türkei und Russland erzielte Waffenstillstandsabkommen zu erwähnen, begrüßen die 27 implizit das Ergebnis des türkisch-russischen Treffens, nicht ohne Zweifel an seiner Nachhaltigkeit zu äußern. Die Europäische Union fordert „aufs Schärfste“ alle Parteien auf, einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand einzuhalten und ihre bestehenden Verpflichtungen in vollem Umfang umzusetzen. Der Rat fordert eine „dringende Deeskalation des Konflikts in Syrien, um eine Verschiebung hin zu einer internationalen militärischen Konfrontation zu vermeiden“.
Von Damaskus erwarten die EU-Minister die Rückkehr an den Verhandlungstisch – auf der Basis der Resolutionen des UN-Sicherheitsrats und des Kommuniqués der Verhandlungen von Genf aus dem Jahre 2012. Die fordert allerdings nicht mehr den Abgang des syrischen Präsidenten Assad. Vielmehr findet sich die Forderung eines „echten politischen Übergangs“ (‚genuine political transition‘).
Die EU stellt fest, dass in der Region Gruppen präsent sind, die von den Vereinten Nationen als terroristische Gruppen gelistet sind. Aber: „wahllose Angriffe und Zerstörung der zivilen Infrastruktur, einschließlich Gesundheitseinrichtungen, Schulen und Einrichtungen für Vertriebene durch das syrische Regime und seine Verbündeten können unter keinen Umständen gerechtfertigt werden.“
Insgesamt gehen die Botschaften an alle Konfliktparteien. Mit einiger Entschlossenheit wendet sich die EU an die Türkei, Syrien und Russland.
Tatsächlich hatte die Diskussion über die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für die Türkei kurz vor der jüngsten Zuspitzung eingesetzt. Auf der letzten Tagung des Rats für Allgemeine Angelegenheiten (General Affairs Council, GAC) am 25. Februar haben mehrere Länder (Deutschland, Italien, Luxemburg usw.) dafür plädiert, einen zusätzlichen Geldbetrag freizugeben. Das Thema wird auf der Tagung des Europäischen Rates am 26. März wohl erneut zur Sprache gebracht werden.
Hans Uwe Mergener