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Ein großer Teil der heute noch in der Nutzung befindlichen KPz der russischen Streitkräfte wurde bereits in den 70er Jahren eingeführt und befindet sich noch heute in der Nutzung. Daher wurde richtigerweise für alle in der Nutzung befindlichen KPz nunmehr ein umfassendes und umfangreiches Kampfwertsteigerungsprogramm beschlossen. Damit sollen diese Fahrzeuge bis zu weiteren 15 Jahren in der Nutzung verbleiben können.

KPz T-72 B3 (Obj. 184-3)

Der KPz T-72 ist das älteste Modell unter den drei zu betrachtenden Fahrzeugen. In Blütezeiten sollten bis zu 9.000 Exemplaren in verschiedenen Versionen bei den sowjetischen, bzw. russischen Streitkräften eingeführt worden sein. Es kann angenommen werden, dass derzeit sich noch ca. 1.900 Fahrzeuge dieses Typs in der Nutzung befinden. Für dieses Fahrzeug wurde bereits im Jahr 2010 ein größeres KWS-programm zur Version T-72 B3 (Modell 2013) beschlossen. Aus Kostengründen ist die Umrüstrate relativ gering – möglicherweise sind bis heute ca. 400 Fahrzeuge umgerüstet worden.

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KPz T-72 B3M (Foto: www.ntiim.ru)

Etwa drei Jahre nach Beginn des KWS-Programms hatte sich offenbar die finanzielle Situation etwas entspannt, sodass im Jahr 2016 eine überarbeitete Version mit der Bezeichnung T-72 B3M (Modell 2016), bzw. T-72 B4 herausgebracht werden konnte; erste Fahrzeuge wurden im Jahr 2018 ausgeliefert. Dieses Modell erhielt nun eine nochmals verbesserte Waffe und Verbesserungen in der Bordelektronik. Auch der Kommandant sollte ein leistungsfähiges Rundblickperiskop erhalten. Wegen Platzmangel konnte dieses Gerät jedoch nicht in dem drehenden Teil der vor der Kommandantenluke integriert werden. Daher wurde bei dieser Version ein großer Ausblickkopf für ein Rundblickperiskop auf dem Turmdach – zwischen der Kommandanten- und der Richtschützenluke.

Im Hinblick auf die Beweglichkeit wurde bei dieser Version nun der leistungsgesteigerte Motor W 92 S2F eingebaut. Ebenso wurde partiell die leistungsstärkere Reaktivpanzerung RELIKT eingesetzt. Nach russischen Angaben soll diese Reaktivpanzerung die Durchschlagsleistung eines Hohlladungsstachels um ca. 600 mm (RHA) abbauen.

Insbesondere die Version T-72 B3M / B 4 weist somit einen erheblichen Kampfkraftzuwachs auf. Dem Vernehmen nach soll das KWS-Programm am Ende mehrere tausend Fahrzeuge umfassen.

Richtschützenplatz im KPz T-72 B3; das Bild verdeutlicht die Probleme bei der Unterbringung der zahlreichen neuen Baugruppen. Die Bedienung der neuen Elemente dürfte teilweise nur unter Zwangshaltungen möglich sein. (Foto: Archiv Autor)

KPz T-80 BWM (Obj. 219 RWM)

Die Reaktivierung der KPz vom Typ T-80 B und die Initiierung eines Programms zur Modernisierung dieses Modells haben viele westliche Beobachter überrascht. Denn die KPz T-80 B / T-80 U wurden aufgrund der hohen Betriebskosten sukzessive aus der Nutzung genommen.

Im Jahr 2016 kam die überraschende Verlautbarung, dass man einen gewissen Teil der ca. 3.500 eingelagerten KPz T-80 B aus den Depots holen, und einem umfassenden KWS-Programm unterziehen würde. Bereits im Jahr 2017 wurden erste Fahrzeuge dieser als T-80 BWM bezeichneten Version im Raum Leningrad vorgestellt.

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KPz T-80 BWM – Turm und Fahrgestell wurden mit Elementen der modernen Reaktivpanzerung vom Typ RELIKT ausgestattet. (Foto: Vitaly Kuzmin)

Im T-80 BWM soll die bisherige 125-mm-Glattrohrkanone 2 A46M 4 beibehalten worden sein. Wie schon beim T-72 B3, so erhält auch dieses Fahrzeug eine neue Feuerleitanlage mit Tracking-Funktion sowie Digitalrechner. Auch der Richtschütze erhielt zusätzlich das neue Zielgerät. Ebenfalls wurden an dem Knickarm-Lader entsprechende Veränderungen vorgenommen, um die moderne KE-Munition mit den längeren Penetratoren verschießen zu können.

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Der KPz T-80 B war in der Vergangenheit der am besten motorisierte russische KPz mit einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h auf. Ursache war der Einbau einer Gasturbine mit einer für russische Verhältnisse überdurchschnittlich hohen Motorleistung. Die Kehrseite der Medaille war erwartungsgemäß ein überdurchschnittlich hoher Kraftstoffverbrauch – zumal auch die Gasturbine über keinen Wärmetauscher verfügte. Hier soll durch den Einsatz einer modernen digitalen Regelung bei der Gasturbine nunmehr der Verbrauch deutlich gesenkt worden sein. Zudem wurden Vorkehrungen getroffen, um – bis zu Temperaturen von minus 50 Grad – einen problemlosen Start der Gasturbine zu ermöglichen. Daher soll die Version T-80 BWM auch vornehmlich in kalten/arktischen Regionen, u.a. im Raum Murmansk, in Sibirien und in fernöstliche Gebieten (Raum Amur), stationiert werden.

T-90 M (Obj. 188 M)

Der T-90 ist von den drei hier behandelten Modellen der KPz mit der geringsten Nutzungszeit; er wurde 1993 eingeführt und weist somit eine Nutzungszeit von maximal 26 Jahren auf. Aufgrund der relativ hohen Fertigungskosten wurden seit Anfang der 90er Jahre auch lediglich ca. 350 bis 400 KPz T-90 für die russischen Streitkräfte produziert. Im Prinzip basiert der T-90 in vielen Bereichen auf dem KPz T-72.

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KPz T-90 M mit der neuen Waffenstation am Rundblickperiskop des Kommandanten. (Foto: Vitaly Kuzmin)

Die neue Version T-90 M Prorvy-3 (Durchbruch-3) soll ebenfalls die moderne 125-mm-Glattrohrkanone 2 A46M-5 erhalten, die einen deutlich höheren Gasdruck zulässt. Vom KPz T-14 wurde auch die moderne Feuerleitanlage mit Digitalrechner und Tracking-Funktion übernommen. Für den T-90 M wurde offenbar eine neue fernbedienbare Waffenstation entwickelt, die mit dem Ausblickkopf des Kommandanten-Rundblickperiskops kombiniert wurde. Eine ähnliche Lösung ist vom KPz T-14 her bekannt Zur Verbesserung der Beweglichkeit wurde der bislang verwendete Motor W 92 S2 durch das leistungsstärkere Modell W 92 S2F ersetzt. Der Schutz wurde durch den Einsatz der modernen Reaktivpanzerung vom Typ RELIKT verbessert. An verschiedenen Stellen im Turmbereich wurde eine Netzpanzerung zur Verbesserung des Schutzes gegen Panzerabwehrhandwaffen installiert. Darüber hinaus kommt aus dem gleichen Grund im Seiten- und Heckbereich des Fahrgestells eine Gitter-Abstandspanzerung zum Einsatz.

Fazit

Bei den Modernisierungen der drei russischen Hauptkampfpanzer wurden einerseits in den vergangenen Jahren vor allen Dingen die Leistungsmerkmale Feuerkraft und Schutz erheblich verbessert. Mit Einführung des Zielgerätes SOSNA-U mit einem leistungsfähigen französischen Wärmebildgerät wurde der seit Jahrzehnten vorhandene Rückstand bei der Nachtkampffähigkeit aufgeholt. Insbesondere die KPz T-72 B3/B4 und T-90M konnten mit der neuen 125-mm-Glattrohrkanone 2 A46M-5 und der modernen Feuerleitanlage KALINA bezüglich der Feuerkraft annähernd auf das Niveau des KPz T-14 ARMATA angehoben werden.

Auf der anderen Seite konnte die russische Regierung die im Jahr 2015 vollmundig angekündigte Runderneuerung der Landstreitkräfte durch Einführung einer Vielzahl von neuartigen Gefechtsfahrzeugen nicht umsetzen. Stattdessen wurde ein umfassendes Modernisierungsprogramm für die eingeführten KPz-Modelle initiiert. Insgesamt wurde aber wieder einmal die Chance verpasst, diese Zäsur bei der Ausstattungsplanung in konsequenter Weise für eine Vereinfachung der Logistik und für eine Standardisierung zu nutzen. Wieder müssen in den kommenden 10 – 15 Jahren drei Hauptkampfpanzertypen mit unterschiedlichen Komponenten in den logistisch kritischen Bereichen Antrieb und Laufwerk versorgt werden.

(Dies ist ein Auszug eines Artikels der in der September-Ausgabe der ES&T erscheint)

Rolf Hilmes