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Nachdem der Flugzeugträger „Charles de Gaulle“ Toulon am 5. März zu seinem ersten Einsatz nach seiner großen Werftliegezeit verlassen hatte (ES&T berichtete), kehrte er am 7. Juli wie geplant in seinen Heimathafen Toulon zurück. Die Flugzeuge hatten bereits früher den Trägerverband in Richtung ihrer bretonischen Stützpunkte Landivisiau (Rafale Marine) und Lann-Bihoué (Hawkeye) verlassen.

Der Kern der Task Force 473 mit mehr als 3.000 Seeleuten bestand aus dem nuklearangetriebenen Träger, den Fregatten „Forbin“, „Provence“ und „Latouche-Tréville“, dem Versorger „Marne“ und einem Jagd-U-Boot (dessen Name nicht veröffentlicht wurde). 18 Kampfflugzeuge Rafale Marine, 2 Überwachungsflugzeuge Hawkeye und drei Hubschrauber (1 Caïman und 2 Dauphin) waren an Bord des Trägers. Zusätzlich die Hubschrauber der Fregatten: ein weiterer Caïman (auf der „Provence“), zwei Lynx („Latouche-Tréville“) und ein Panther („Forbin“). Patrouillenflugzeuge vom Typ Breguet Atlantic 2 unterstützten den Verband (davon eine in Djibouti vorpositioniert).

Nach der Mittelmeerpassage, bei der die bordgestützten Rafale (140) Einsätze im Rahmen der Operation Chammal (französischer Anteil der militärischen Operationen innerhalb der Anti-DAECH-/IS-Koalition) flogen, folgten im April im Roten Meer und im Indischen Ozean Übungen mit der US Trägergruppe um „USS Stennis“ sowie Einheiten der australischen („HMAS Ballarat“) und kanadischen Marine (Fregatte „HMCS Regina“, Tanker „HMCS Asterix“). Danach stand die Übung Varuna im Mittelpunkt (1. – 10. Mai), in ihrem Umfang die bisher größte zwischen Indien und Frankreich. Amerikanischen Quellen zufolge wurde das nuklearangetriebene U-Boot „Amethyste“ zugeführt, das im Anschluss im Bab el-Mandeb Patrouille bezog.

Vom 16. bis 22. Mai übte die TF 423 mit Einheiten aus Australien, Japan und den USA im Rahmen der Übung ‚La Pérouse‘, einschließlich Schießen (inwieweit Artillerie und/oder Flugkörper eingesetzt wurden, ist nicht bekannt). Den Hintergrund derart intensiver Zusammenarbeit liefert die im Mai 2019 veröffentlichte französische Verteidigungsstrategie im Indopazifik, in der ausgeführt wird: „In diesem Zusammenhang bemüht sich Frankreich, seine Stellung als regionale Macht im Indopazifik zu festigen, seine souveränen Interessen und die Sicherheit seiner Bürger zu schützen und gleichzeitig aktiv zur internationalen Stabilität beizutragen.“.

Die Fregatte „Forbin“ (Horizon-Klasse) wurde vom 28. Mai bis 3. Juni nach Vietnam entsandt. Neben dem üblichen diplomatischen Austausch gehörte eine Luftverteidigungsübung sowie die Zusammenarbeit mit einer Raketenkorvette der vietnamesischen Marine zum Programm. Vermutlich war es auch die „Forbin“, auf die sich die TF 423 führende Konteradmiral Marc Aussedat in einem späteren Interview bezog, eine der Fregatten sei durch „durch die Schären von Spratleys gezogen“. Das Seegebiet, in dem  China, Vietnam, Malaysia, Brunei und die Philippinen Hoheitsansprüche geltend machen, ist wiederholt Schauplatz von Spannungen. Insbesondere China widersetzt sich der freien Nutzung der Hohen See.

Die Hauptgruppe bot indes während des Shangri-La-Dialoges, einer regionalen Sicherheitskonferenz, 31. Mai – 2. Juni, Plattform für Begegnungen und ermöglichte der  französischen Verteidigungsministerin Florence Parly, die Rolle der Task Force Group als „mächtiges Instrument der Machtprojektion“, das „unseren Status als Seemacht bekräftige“, anschaulich zu machen. Deren Übungen mit Australien, Indien, Japan und den USA die „Entstehung einer indopazifischen Achse“ einleite.

Nach diesem Intermezzo wurden mit der Marine und Luftwaffe Singapurs U-Boot- und Luftabwehrübungen durchgeführt. Zur Erprobung der Interoperabilität wurde die singapurische Fregatte „RSS Steadfast“ (Vielzweck-Fregatte der Formidable-Klasse im ‚stealth‘-Design, Derivat der französischen ‚La Fayette‘-Klasse) in die Task Force 473 integriert. Es kam zu gegenseitigem Decklandungstraining und Luftverteidigungsübungen zwischen französischen Rafale und F15 der Luftwaffe des Stadtstaates. Daran schlossen sich Übungen mit  dem amerikanischen „USS Boxer“ (LHD-4) in der Andamanensee vom 7. bis 9. Juni an, bevor die Trägergruppe über Goa und Dschibuti zurückkehrte. Nach der Suezkanalpassage nahm der französische Verband an der ägyptischen Übung Ramses teil – eine Referenz an den großen Kunden (Kairo kaufte zwei Hubschrauberträger Mistral, eine FREMM-Fregatte, 24 Rafale-Flugzeuge, vier Gowind-Korvetten).

Statistisches (Quelle: französisches Verteidigungsministerium): Unter der Führung der „Charles de Gaulle“ befanden sich zeitweise sieben ausländische Schiffe aus sechs Nationen. 29 Begegnungen/Übungen/Interaktionen mit 18 unterschiedlichen Ländern, 83 Versorgungen in See mit 19 Schiffen aus 11 Ländern, 2744 Katapultstarts).

Erwähnenswert ist darüber hinaus die Zusammenarbeit mit drei Flotten der US Navy, (fünfte, sechste und siebte Flotte der US Navy).

Mit der Clemenceau-Mission unterstrich Frankreich seinen Anspruch als Regionalmacht im indopazifischen Raum und als globaler Akteur. „In einem sich geostrategisch verändernden Umfeld beabsichtigt Frankreich voll und ganz einen Beitrag zur strategischen Stabilität des indo-pazifischen Raumes zu leisten, indem es die Bedeutung des multilateralen Dialogs, die Rolle der kollektiven Sicherheitsinstitutionen und -organe und die zentrale Beachtung des Völkerrechts bekräftigt.“, heißt es dazu in einer Presseverlautbarung anlässlich der Teilnahme der französischen Verteidigungsministerin beim Shangri-La-Dialog. In diesem Zusammenhang bemühte sie nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch die ökologischen Faktoren der Region als ausschlaggebend für das strategische Interesse Frankreichs.

Die TF 473 ist dabei ein Instrument zur Umsetzung. Nicht nur wegen der Fähigkeit zur Kräfteprojektion und der Möglichkeit eines eigenständigen Beitrages zur Lagebeurteilung. Sondern auch – und in französischem Verständnis gerade – durch ihre Funktion, Kräfte zusammenzuführen und zu bündeln sowie Zusammenarbeit zu ermöglichen. Dies beschränkt sich nicht nur auf die Region. Sondern geht weiter und beinhaltet, die Idee eines  „Europa der Verteidigung“ verfechtend, das Angebot zur Beteiligung europäischer Partner (zwei britische, eine dänische und eine portugiesische Fregatte(n) nahmen zeitweise an der Operation Clemenceau teil).

Hans Uwe Mergener