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Bei Kaiserwetter ließ Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Montag, 17. Juni 2019, in Wilhelmshaven die erste Fregatte der Klasse 125 in Dienst stellen. In ihrer Rede verwies sie darauf, dass zum Jahresende die „Nordrhein-Westfalen“ (F 223) folgen wird, bevor das Quartett aller vier Einheiten im Jahre 2020 komplett sein solle.

Der Tag der Indienststellung des Typschiffes der Klasse 125 fällt genau auf das 150. Stadtjubiläum Wilhelmshavens. Ministerin von der Leyen hatte somit zum Festakt, an dem sie im späteren Tagesverlauf teilnahm, ein passendes Geburtstagsgeschenk.

Die Deutsche Marine hat am Montag mit der „Baden-Württemberg“ in Anwesenheit der Verteidigungsministerin die erste von insgesamt vier neuen Fregatten der Klasse F125 in Dienst gestellt. (Fotos: Hans Uwe Mergener)

„Es ist endlich geschafft“, so Fregattenkapitän Markus Venker, seit 1.10.2014 Kommandant der Besatzung F 125 Alpha in seiner Ansprache. Diese Erleichterung, die, nach Aussagen von thyssenkrupp Marine Systems, dem in der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) F 125, zu der auch die Bremer Fr. Lürssen Werft gehört, federführenden Unternehmen, modernste und leistungsstärkste je in Deutschland gebaute Fregatte in Dienst zu stellen, war allgegenwärtig. Bei den Vertretern der ARGE ebenso wie bei der Marine und der Ministerin. Kann sie doch in ihrer Trendwende Material einen Erfolg verzeichnen. Sie stellt fest: Bei der „Baden-Württemberg“ handele sich um eines der modernsten Marineschiffe auf den Weltmeeren; das neue Schiff sei ein echter Allrounder und ein Multitalent.

Die Marine, so konstatiert Vizeadmiral Rainer Brinkmann, Stellvertreter des Inspekteurs der Marine und Befehlshaber der Flotte und der Unterstützungsstreitkräfte, in einer Verlautbarung, brauche das Schiff dringend für die Entlastung der Flotte und der Besatzungen. Bis 2030 solle die Flotte weiter wachsen. Was, notwendig sei, da die Marine heute und anders als in den letzten 25 Jahren drei Aufgaben gleichzeitig bewältigen müsse:

  • Landes- und Bündnisverteidigung, die angesichts der sicherheitspolitisch veränderten Lage wieder in den Fokus geraten sei,
  • Beiträge zur internationalen Krisenbewältigung und Konfliktverhütung.
  • Schließlich gewährleiste die Marine offene und sichere Seewege, auf die Deutschland als Exportnation sehr angewiesen sei.
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Durch einen gesteigerten Automatisierungsgrad und reduzierte Wartungsanforderungen wurde es möglich, die Besatzungsstärke von rund 200 bei den ältesten Fregatten der Klasse 122 auf nun 126 Marinesoldatinnen und –soldaten deutlich zu reduzieren.

Auf die „Baden-Württemberg“ kommt nun ein ausgiebiges Erprobungsprogramm zu, nach dem in den kommenden Tagen stattfindenden ersten Besatzungswechsel (auf Besatzung Bravo). Einsatzbedingungen werden simuliert, die Systeme müssen ihre Standfestigkeit und ihre Leistungsparameter im Rahmen eines Funktionsnachweises belegen, die Besatzung das Zusammenspiel beüben. Nach zwölf Monaten ist eine Garantie-Werftliegezeit zu absolvieren (Standard bei derartigen Vorhaben). Spätestens in zwei Jahren soll auch die Zertifizierung der Besatzungen nach NATO-Einsatzkriterien abgeschlossen sein – in Abhängigkeit der Verfügbarkeit der dafür zuständigen Dienststelle Flag Officer Sea Training (FOST) in Plymouth, UK. Hier ist anzumerken, dass nicht das Schiff, sondern die Besatzung das sogenannte Basic Operational Sea Training (BOST), ein sechswöchiges Programm, durchlaufen muss. Entsprechend ist bei einem Mehrbesatzungsschiff (wie der Baden-Württemberg-Klasse) dafür organisatorische und planerische Vorsorge zu treffen. Alles in allem werden somit frühestens nach 15 – 18 Monaten eine Einheit der Baden-Württemberg-Klasse mit Besatzungen für einsatzvergleichbare Einsätze zur Verfügung stehen. Mit dem Konzept des Mehrbesatzungsmodells bei Intensivnutzung der Plattform eröffnet sich eine andere Denkweise.

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Der Tag der Indienststellung des Typschiffes der Klasse 125 fällt genau auf das 150. Stadtjubiläum Wilhelmshavens.

Die Indienststellung der „Baden-Württemberg“ markiert das Ende einer schwierigen und langwierigen Phase auf dem Weg zur Übernahme durch die Marine. Aufgrund der hohen Komplexität und damit verbundener, verschiedener Herausforderungen sowie der modularen Weiterentwicklung des Schiffes während des Projektes wurde die „Baden-Württemberg“ rund 3 Jahre nach dem vertraglich vereinbarten Termin abgeliefert. Eine Vielzahl der Systeme und Untersysteme sind Neuentwicklungen und individuell für diese Klasse konzipiert. Beispiel: 28.000 Sensoren ermöglichen den sehr hohen Automatisierungsgrad. Der CODLAG-Antriebsanlage, die im Wesentlichen aus Elektrofahrmotoren besteht, die von Dieselmotoren gespeist werden, ist eine Neueinführung in der Marine.

Zum ursprünglichen Abnahmetermin waren die vertraglich vereinbarten Leistungen nicht vollumfänglich erbracht, womit sich die Abnahme und Indienststellung der „Baden-Württemberg“ auf Mitte Juni verzögerten. Offen bleibt die Anlage zur Elektronischen Kampfführung vom Typ KORA. Sie entspricht aktuell nicht den Vorstellungen der Marine. Gemeinsam mit der Industrie sei ein Weg gefunden, die Anlage den Vorstellungen der Marine entsprechend zu modifizieren.

Die heutige Indienststellung gestaltet für den federführenden Konstrukteur thyssenkrupp Marine Systems die Halbjahresbilanz recht ansehnlich, folgt sie doch auf drei Taufen (zwei U-Boote (Singapur, Ägypten) und eine Korvette (Israel)).

Abriss der Baden-Württemberg-Klasse (F 125)

Einheiten:

 

  • F 222 – „Baden-Württemberg“
  • F 223 „Nordrhein-Westfalen“
  • F 224 „Sachsen-Anhalt“
  • F 225 „ Rheinland-Pfalz“
Länge: 149,6 m
Breite: 18,8 m
Tiefgang: 5,4 m
Höchstgeschwindigkeit: >26 kn
Antrieb: CODLAG (Combined Diesel-eLectric And Gasturbine)
Verdrängung: ca. 7100 t
Besatzung: max. 190 Personen

(davon bis zu 120 Personen Stammbesatzung)

Sensoren:
  • 4-Flächen C-Band Radar (3-D)
  • Freund/Feind-Erkennung (IFF)
  • Elektronische Unterstützungsmaßnahmen
  • Elektronische Zielerkennung
  • Automatisierte 360-Grad Infrarot-Überwachung
  • Taucher-Detektions-Sonar
Effektoren:
  • 1 x 127mm Marinegeschütz
  • 2 x 27mm Marineleichtgeschütz
  • 5 x 12,7mm Maschinengewehr, automatisiert
  • 2 x Vierfachstartgeräte für Seeziel-Flugkörper HARPOON
  • 2 x Nächstbereichsflugabwehrsystem RAM
  • 4 x Täuschkörperwurfanlagen
  • Handwaffen
  • vier Einsatzboote BUSTER
  • zwei Bordhubschrauber
  • zwei Containerstellplätze
Hans Uwe Mergener