Paris Air Show: Erste Verträge zu FCAS
Das deutsch-französische Future Combat Air System (FCAS) ist eines der Megaprojekte der Zukunft für die Luftwaffe und die Bundeswehr. FCAS soll in Zukunft einmal als Nachfolger des Eurofighter sowie des Rafale antreten. An der Spitze des Vorhabens stehen die beiden Unternehmen Airbus (unbemannte Systeme) und Dassault Aviation (zukünftiges Kampfflugzeug) sowie eine Reihe weiterer Unterauftragnehmer (In Deutschland unter anderem: MBDA Deutschland, Hensoldt, Autoflug, ESG Elektro Service Gesellschaft, DIEHL Aviation, DIEHL Defence, Rhode & Schwarz sowie MTU Areo Engines). Der Tatsache geschuldet, dass Dassault ein rein französisches Unternehmen ist und der französische Staat an Airbus signifikante Anteile hält, scheint schon von Anfang an ein französisches Übergewicht, zumindest auf der Seite der Hauptauftragnehmer, vorgegeben zu sein.
Während der Paris Air Show sind jetzt die ersten entsprechenden Verträge unterzeichnet worden. Anfang Juni gab der Haushaltsauschuss des Deutschen Bundestages die ersten 32,5 Mio. Euro frei. Wichtig ist, dass sich Paris und vor allem Berlin jetzt auch schnell und verbindlich auf Exportregelungen für das künftige deutsch-französische Kampfluftfahrtsystem einigen. Wie aus verschiedenen Medienberichten hervorgeht, ist eine verbindliche Regelung für die französische Seite Voraussetzung für eine Fortführung des ambitionierten Projektes. Das dies ein Knackpunkt sein wird, zeigte die Rede von Eric Trappier, Vorstandvorsitzender von Dassault. Er wies daraufhin, dass man beabsichtige das neue Kampfflugzeug auch Nationen wie Saudi-Arabien und Katar anzubieten, mit der aktuellen deutschen Exportpolitik wäre dies nicht vereinbar.
In einem ersten Schritt will Deutschland sich jetzt an der französischen Machbarkeitsstudie Next Generation Weapon System (NGWS) als Teil von FCAS beteiligen. Die Gesamtkosten der Studie sollen bei rund. 65 Mio. Euro liegen, von denen beide Nationen je die Hälfte tragen sollen. Diese Studie wird die erste einer ganzen Reihe sein. Diehl wird mit seinen Teilkonzernen Diehl Aviation und Diehl Defence während der Paris Air Show seine Expertise mit Bereich Avionik (Cockpit, Integrated Modular Avionics, Avioncs and Mission Computing Platforms, Flight Control) sowie Bewaffnung, Selbstschutz und multispektrale Sensorik zeigen. Die Entwicklungskosten für FCAS sollen einer französischen Quelle zu Folge bei rund acht Mrd. Euro liegen. Bereits am ersten Tag der Paris Air Show trat Spanien dem Projekt bei. Von den deutschen Unterauftragnehmern war erwartet worden, dass die FCAS Demonstratorphase zeitlich verschoben wird. Doch zum Start der Paris Air Show drücken die beiden Hauptauftragnehmer nun auf die Tube, sie scheinen beweisen wollen, dass die Projektverzögerungen der Vergangenheit angehören sollen. So wurde ein erster Demonstrator, ein futuristisches Mock-Up enthüllt. Damit soll eine eine bis Mitte 2021 laufende „Demonstrator-Phase“ beginnen, die zur Entwicklung von Demonstratoren und Technologien für das Kampfflugzeug, die geplanten Drohnenschwärme und zur vorgesehenen Cloud führen soll. Bis 2026 sollen die Demonstratoren einsatzfähig sein. Außerdem strebt der Deutsche Bundestag die Übertragung des Programms an eine internationale Rüstungsorganisation wie die OCCAR an.
Zukünftiger Bedarf
FCAS soll den zukünftigen Bedarf der europäischen Luftstreitkräfte decken und sich daher an deren zuküftigen Herausforderungen orientieren – auch wenn es derzeit ein binationales Projekt ist. Wie schon gesagt, sollen der Eurofighter und der Rafale damit abgelöst werden. Es läßt sich aber festhalten, dass mittel- und langfristig FCAS als europäisches Projekt angelegt ist, nicht zuletzt, weil auch Großbritannien, Italien, Spanien und Österreich den Eurofighter nutzen.
FCAS wird sich aus heutiger Sicht vor allem durch den Einsatz vernetzter Systeme auszeichnen. Vernetzt sind dabei die Anteile Kampfflugzeug untereinander und mit Kommunikations- und Transportflugzeugen (z.B. Betankung und Transport unbemannter Systeme), Satellitensystemen sowie mit sog. Unbemannten Remote Carriern (RC). Das bemannte Kampfflugzeug sowie diese Remote Carrier machen zusammen das Next Generation Weapon System (NGWS) aus. Um die komplexen Systeme und Aufgaben koordinieren uns steuern zu können, geht Eric Trappier bei der Enthüllung des Demonstrators davon aus, dass das Kampfflugzeug der sechsten Generation vermutlich ein Zweisitzer werden wird.
Remote Carrier
Die MBDA Deutschland sieht die eigene Kompetenz vor allem im Bereich der Remote Carrier angesiedelt. Laut Firmenleitung wird die erste Phase bis August 2019 abgeschlossen. Danach schließt sich eine zweite Phase mit einer Laufzeit von 18 Monaten an, am Ende sollen die Fähigkeitsforderungen an solche Systeme vorliegen.
Die Remote Carrier sollen als unbemannte Flugkörper in verschiedensten Rollen das bemannte Kampfflugzeug begleiten und unterstützen. Die Rollen reichen vom Sensor (voraus), Täuscher, Jammer, Electronic Warfare bis hin zum Effektor. Ein Fähigkeitskonzept für solche Systeme hat MBDA ebenfalls auf der Paris Air Show vorgestellt.
Laut MBDA wird an zwei Klassen von Remote Carriern gedacht, einer kleineren mit einem Gewicht von ca. 100 bis 150 kg und ohne Rückholfähigkeit sowie einer großen Klasse mit Rückholoptionen. Den MBDA Überlegungen zugrunde liegt der TAURUS KEPD 350 als langreichweitiger Effektor. Laut MBDA könnte ein solches System ab 2040 im Einsatz sein. Allen Remote Carriern soll nach Möglichkeit ein modulares, signaturreduziertes Design zu Grunde liegen. Sie sollen über eine GPS-unabhängige, robuste und adaptive Navigation verfügen. Auch die Vernetzung innerhalb der RC-Gruppe oder des Schwarms muss robust und gegen Cyber Angriffe geschützt sein. Alles in Kombination mit Künstlicher Intelligenz.
André Forkert