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John McCain bei seinem letzten A[ds_preview]uftritt auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2017 (Foto: MSC)

Es waren immer eindrucksvolle Momente, wenn US-Senator John McCain auf der Münchner Sicherheitskonferenz seine Stimme erhob. Er war nicht bequem. Er war ein Freund der klaren Worte – gegenüber den Europäern, aber auch gegenüber seiner eigenen Regierung. Es war aber immer klar: John McCain war ein glühender Verfechter der euro-atlantischen Beziehungen. Auf dieser unerschütterlichen Grundlage argumentierte er.

Er war natürlich sozialisiert als US-Amerikaner, der als Soldat in Vietnam gekämpft hatte, dort in Kriegsgefangenschaft geriet und gefoltert wurde. Er war in das politische Denken in Washington eingebunden. Da gab es auch sehr grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten mit den Europäern, vor allem mit den Deutschen. Während die USA beispielsweise in Konflikten schneller als die Deutschen auch militärische Lösungen für richtig erachten, wollen wir hier immer noch mal eine Verhandlungsrunde einschieben. Aber die Ziele, das, wofür man kämpft oder verhandelt, waren dieselben. Sie fußten auf einem gemeinsamen Werteverständnis.

John McCain trat aktiv dafür ein, dass Europäer und US-Amerikaner im Gespräch blieben. Während der Wellenbewegungen, die die euro-atlantischen Beziehungen in den vergangenen Jahrzehnten durchgemacht hatten, hielt er Kurs. Er trommelte wie kein anderer im US-Kongress für die Münchner Sicherheitskonferenz. Es ist sein Verdienst, dass auch nach der Öffnung der Konferenz in den 1990er Jahren der transatlantische Kern immer noch ein Wesensbestandteil des dort geführten Dialogs blieb.

Solche Beziehungen sind nur aufzubauen, wenn man sich kennt – hüben wie drüben. Daher war es so immens wichtig, dass McCain immer wieder auch junge und neue Politiker aus den USA nach München gebracht hat. So entstanden Bindungen und Verbindungen, die oft mehr geholfen haben als offizielle Besuche mit entsprechenden Deklarationen. Viele Politiker, die heute noch wie selbstverständlich über den Atlantik reisen oder dort mal eben kurz anrufen können, haben sich auf Foren wie der Münchner Sicherheitskonferenz kennengelernt. Das ist ein ganz wichtiges Element dieser Beziehungen.

Denn diese Beziehungen lockern sich. Durch die Reduzierungen der US-Truppen in Europa, besonders in Deutschland, hat sich die Anzahl dieser Bindungen verringert. Das Ende der Blockkonfrontation mit den neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen hat den Fokus verbreitert: Nicht mehr nur die USA sind sicherheitspolitisch wichtig. Auch in den USA hat sich manches verändert: Die Washingtoner Politiker schauen verstärkt nach Asien. Das Ringen der drei großen Mächte USA, Russland und vor allem China verschlingt viel Aufmerksamkeit. Darunter leiden seit einiger Zeit die euro-atlantischen Bindungen.

Hier blieb John McCain ein stabiles und für diese Bindungen kämpfendes Element. Sein Tod nach langer und schwerer Krankheit ist für uns Europäer daher eine Zäsur. Wenn sich niemand findet, der diese Rolle übernimmt, werden sich die Beziehungen weiter lockern. Und das ist trotz – oder gar wegen – der Trumpschen Politik riskant. Diesen Verbündeten brauchen wir auch in Zukunft dringend.

Die Münchner Sicherheitskonferenz will den Erhalt dieser Bindungen und Verbindungen aktiv unterstützen. Sie wird ab 2019 jährlich einen „McCain-Preis“ vergeben, zum einen, um John McCain zu ehren, zum anderen, um seine Ideen aktuell zu halten. Geehrt werden sollen junge Wissenschaftler, die sich in ihrer Doktor- oder Abschlussarbeit mit den Themen besonders eindrucksvoll beschäftigt haben, die John McCain bewegt haben. Dazu gehören die transatlantischen Beziehungen, die parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte und die moralische Verantwortung des Westens. Sicherheitskonferenz-Chef Wolfgang Ischinger, der diesen Preis initiiert hat, hat als Kooperationspartner das John McCain-Institut for Leadership, die Universität der Bundeswehr München, die Hochschule für Politik an der Technischen Universität München und das Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaften an der LMU München gewonnen. So soll John McCain ein ehrendes Gedenken gesichert und seine festen Grundsätze in die Zukunft getragen werden.

Rolf Clement